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Rrring frei zur Märchenrunde

Verfasst: Mo 24. Jun 2019, 16:51
von Andray DuFranck
Die schönsten zamonischen Märchen und Geschichten
für Groß und Klein, für Neffen und Nichten.

Viel Spaß!

Re: Rrring frei zur Märchenrunde

Verfasst: Mo 24. Jun 2019, 16:52
von Andray DuFranck
Das Märchen vom Pfingströschen

Es war einmal eine potthässliche Bauerntochter, die hieß Pfingströschen, weil sie an Pfingsten getauft worden war und ihrer stets besoffenen Mutter kein besserer Name einfiel. Das war zwar ärgerlich, aber immer noch besser als das Schicksal der Nachbarstochter, deren Vater eingefleischter Goethe-Fan gewesen war und sie "Heidelröschen" genannt hatte.

Heidelröschen zeigte ein schlagfertiges Wesen, denn es führte eine harte Rechte, war überall dort zu finden, wo der Punk abging und teilte gerne und großzügig Watschen aus.

Im Gegensatz dazu war Pfingströschen ein sanftes Wesen, das seine Probleme eher durch den gezielten Einsatz von Strychnin und Blausäure löste.

Als die beiden Mädels in das Alter kamen, wo man ernsthaft beginnt, den Burschen schöne Augen zu machen, war der Ärger vorprogrammiert.

Da sich ihr Ruf bereits in der ganzen Umgebung verbreitet hatte, waren alle in Frage kommenden Mannspersonen in sicherere Gefilde (Pompeii, Krakatao, Troja) geflüchtet.

Nur ein grenzdebiler Prinz, der mit einem gläsernen Pantoffel durch die Gegend irrte, kam als Kandidat in Frage.

Pfingströschen und Heidelröschen, die gerade im Wald Gummibären jagten, sahen gleichzeitig den Prinzen, welcher sich zu seinem Pech in einem Gestrüpp verfangen hatte.

"Meiner! Meiner!" schrie Heidelröschen und drosch Pfingströschen einen Eichenknüppel auf die Rübe.

Dies hätte eigentlich zu einer Gehirnerschütterung führen müssen, aber bei Pfingströschen gab es da kaum etwas zu erschüttern.

Ein Blasrohr, einen Pfeil, etwas Curare - mehr brauchte es nicht.

Aber dank eines seltsamerweise genau in diesem Moment auftretenden Schluckaufs ging der Schuss daneben.

Und das war dann Pech für das Letzte Einhorn... aber ich schweife ab.

Jedenfalls erreichte Heidelröschen den Prinzen als Erste.

Erwähnte ich bereits, dass Heidelröschen eine Schreckse war? Nein? Oops.

Na, dann wisst ihrs jetzt.

Als der Prinz die Schreckse erspähte, welche im Schweinsgalopp auf ihn zugewetzt kam, schrie er laut um Hilfe. Was ich ihm nicht verdenken kann, denn ich würde das auch tun, aber ich schweife schon wieder ab.

Diesen Hilferuf hörte der Große Böse Wolf, welcher dank einer Schnapsidee meinerseits zufällig (Zufälle gibts) gerade auch in der Nähe war.

Der sah gleich die Chance, sein schlechtes Image aufzubessern und rannte zum Tatort.

Dort wollten sie ihn aber nicht, weder als Kommissar noch als Leiche, also lief er halt zum Prinzen, wenn schon nichts anderes los war.

Zum Glück hatten sich Heidelröschen und Pfingströschen viiiel Zeit gelassen, es gab ja sonst nix zu tun und sie wollten es genießen.

Heidelröschen war gerade dabei, mit dem Prinzen über den Preis für einen Kuss zu verhandeln (Kuss oder Leben), als Pfingströschen und der Wolf beschlossen, gemeinsame Sache zu machen.

Da sich die Schreckse gerade voll auf den Prinzen konzentrierte (der Ärmste), könnten Pfingströschen und der Wolf sie mit einem zufällig herumliegenden Gartenschlauch (Zufälle gibts) fesseln.

Dadurch wurde gleichzeitig ein wichtiger Beitrag zur Sauberkeit der Umwelt geleistet.

Während der Wolf und Pfingströschen mit Fesselspielchen beschäftigt waren, sah der Prinz seine Chance gekommen, riss sich los und floh unter Zurücklassung seiner Kleidung und des gläsernen Schuhs nach Zamunda, aber das ist eine andere Geschichte.

Der Wolf und Pfingströschen heirateten, eröffneten ein Schuhgeschäft und engagierten sich im Wolfs-Schutzprogramm beim NABU.

Das arme frustrierte Heidelröschen jedoch änderte seinen Namen in Lupulin Foliorecto und wanderte in die Finsterberge aus, wo ihm in der Nachtschule eine große Karriere bevorstand. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.

Prost.

Re: Rrring frei zur Märchenrunde

Verfasst: Fr 23. Aug 2019, 15:34
von Andray DuFranck
Dieses Gedicht habe ich im zarten Alter von 17 Jahren geschrieben. Es wurde in unserer Schülerzeitung veröffentlicht.
Ist zwar kein typisch "zamonisches" Märchen, aber was solls.
Hier hält sich eh keiner an die Regeln.

DIE BREMER STADTMUSIKANTEN
Ein Märchen in Limericks

Ein Esel, gar alt und gebrechlich,
sprach zu sich: „Ich bin zwar schon schwächlich,
doch könnt‘ ich in Bremen
Gesangsstunden nehmen.“
Schon trabte er los, sehr gemächlich.

Er war schon gelaufen ne Weile,
da rief ihn ein Jagdhund: „Hat’s Eile?
Ich kann nicht mehr beißen
und Hosen zerreißen,
da kam schon mein Herr mit dem Beile…“

„Hör auf!“ schrie der Esel voll Graus. „Oh,
ich kenn das, mir ging es genauso.
Doch in Bremen zu zwei‘n
Woll‘n wir Schlagerstars sein.“
So trabten sie fort von zuhaus froh.

Schon beim Wandern, so froh wie ein Zeisig,
da sangen und übten sie fleißig.
Von Bee Gees bis ABBA,
von Queen bis Frank Zappa.
Dann träumten vom Ruhm sie auf Reisig.

Doch nachts, so um eins oder zweie,
da hörten sie schrilles Geschreie –
s war ne Katze, schon grau,
also waren sie schlau
und nahmen sie in ihre Reihe.

Am Morgen beim Krähen der Hähne
Sprach der Esel dann unter Gegähne:
„Wir sind fast komplett,
denn mit einem Quartett
zeigen wir Dieter Bohlen die Zähne.“

Da lief plötzlich vor ihrer Nase
ein Hahn schreiend über die Straße.
Dahinter mit Messer
ein hungriger Fresser,
der war fast so schnell wie ein Hase.

Die Rettung des Gockels war einfach,
weil der Esel dem Kerl fast das Bein brach.
Mit nem riesigen Platsch
fiel der Typ in den Matsch
und danach sah er aus wie ein Schwein, hach!

Der Hahn schloss sich an, sie war‘n viere.
„Nun heißt es nur: Übe, probiere!“
sprach der Esel. „Auf Ehre,
wir machen Karriere
als Punk-Band ‚Die Räudigen Tiere‘“

„He Freunde, wir sollten uns schämen“
ließ sich da die Katze vernehmen.
„Stars sind wir noch nicht,
denn uns fehlt Unterricht.“
So marschierten sie los, Richtung Bremen.

Am Abend, so müde vom Gehen,
schliefen sie dann fast ein schon im Stehen.
Da rief der Hund: „Halt!
wir schlafen im Wald,
morgen früh werden wir weitersehen.

Im Schlaf hatten sie Hungerträume,
sah’n speisenbeladene Bäume,
bis der Hahn, der zur Rast
oben saß auf nem Ast
rief: „Hey, ich seh ein Licht durch die Bäume!“

„Wo Licht ist, da gibt’s was zu essen!“,
so riefen die Freunde verfressen.
Dann rannten sie los,
die Fresslust war groß,
ihr Hunger war kaum noch zu messen.

Der Lichtschein, den sie erspäht hatten,
kam von einem Haus tief im Schatten.
Sie schlichen zum Fenster,
so leis wie Gespenster,
gerissen und listig wie Ratten.

Da saßen der „narbige Peter“
und weitere vier Übeltäter
wie Arschi der Dealer
und Gonzo der Killer –
die kennt aus Ix-Üpsilon jeder.

Die fünf waren grade beim Essen
und futterten Delikatessen.
Dazu Bier, Schnaps und Wein.
„Denen heizen wir ein“
rief der Hahn, „dass sie’s Essen vergessen!“

Dem Hund konnt‘ es sofort gelingen
auf des Esels Rücken zu springen.
Dann mit einem Satz
landet auf ihm die Katz
und der Hahn zuletzt. Jetzt kam das Singen.

Mit Geschrei (es ist kaum zu beschreiben)
brachen sie durch die splitternden Scheiben
und tatsächlich, s gelang
mit ihrem Gesang
die Räuber sehr schnell zu vertreiben.

Dann schlangen sie alle ganz munter
die guten Fressalien hinunter.
Die Wirkung vom Bier
war neu für die Vier,
im Haus ging‘s bald drüber und drunter.

Um Zwölf rief der Esel: „Wwia alle,
wia haun uns jetzt schhhhnell in die Fffalle.
Ich schlaf aufem Mist,
wweils da wärmer ist.
Ich schbrech‘ ja schhhon nich mea, ich lalle.“

Die Katze kroch müde zum Herde.
Der Hund legte gleich auf der Erde
vor der Türe sich flach,
der Hahn flog aufs Dach.
Ihn weckten jetzt keine zehn Pferde.

Die Räuber inzwischen im Wad
war’n hungrig. Dem Boss wurde kalt.
Da schickte zum Haus
einen Späher er aus.
Der ging und erreichte es bald.

Im Dunkel konnt‘ er nichts entdecken,
drum dachte er plötzlich voll Schrecken:
‚Die lauern auf mich,
vielleicht unterm Tisch.
Ich wird mal ne Kerze anstecken.‘

Die Muffe, sie ging dem Halunken,
fast stürzte er hin wie betrunken.
Die Katze vom Krach
war sofort hellwach.
Er hielt ihre Augen für Funken…

…und blies drauf. Um Feuer zu machen
wollt‘ er erst die Glut frisch entfachen.
Da sprang diesem Wicht
Die Katz‘ ins Gesicht.
Er schrie, ihm war gar nicht zum Lachen.

Der Hund, der da lag auf der Schwelle,
war sofort zur Hilfe zur Stelle.
Er biss den Kerl froh
und tief in den Po -
der floh auch in rasender Schnelle.

Doch weit kam er nicht, der Verbrecher,
es stand wie ein grimmiger Rächer
der Esel vorm Haus
und trat nach ihm aus,
so kräftig und hart wie ein Drescher.

Der Hahn, der noch saß auf dem Hausdach,
rief fröhlich ihm „Kikeriki“ nach.
Dann fiel’n alle brav
in bleischweren Schlaf
und wurden erst morgens um elf wach.

Der Räuber konnt‘, bleich vor Entsetzen,
zu seinen Kumpanen noch hetzen
und schrie: „Nichts wie weg,
das hat keinen Zweck,
weil Bullen die Bude besetzen!

Die Stacheldrahtfalle am Herde
verursacht mir jetzt noch Beschwerde.
Ne Dogge hätt‘ leicht
und gern mich zerfleischt.
Fast läg ich jetzt unter der Erde.

Ein Bulle mit Schlagring und Knüppel
schlug mich dann im Hof fast zum Krüppel.
Dazu die Sirene,
ein schlimmes Getöne
und Rufe: „Los fangt ihn, den Rüpel!“

Da schrien die Räuber voll Schrecken:
„Dann werden die uns gleich entdecken!“
Wir müssen verduften,
wolln wir nicht bald schuften
im Kittchen, bis wir dort verrecken!“

Es fanden die Tiere die Beute
im Keller. Sie machten voll Freude
ne Kneipe nun aus
dem uralten Haus:
„Zum Punker“. Dort sind sie noch heute.

ENDE

Re: Rrring frei zur Märchenrunde

Verfasst: Mi 28. Sep 2022, 08:01
von Andray DuFranck
Dieses Märchen wurde im Herbst 2019 in der Dunkelkammer der Nachtschule begonnen, aber niemals fertig gestellt. Bis jetzt.
Es ist auch Bestandteil des Theaterstücks "Rambo Zamba" und wird dort vom Protagonisten vorgelesen.
Weil es aber eigentlich in die Märchenrunde gehört, habe ich das Original ein wenig bearbeitet und hier erneut eingestellt.
Viel Vergnügen.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 1)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Gar nix, ihr Vollhonks. Das ist doch erst der erste Teil!
Es war einmal in einer armseligen Hütte bei Zweiloch eine alte, verwitwete Haselhexe, die hatte drei Söhne: Miriskald, Mitgewald, und Mehrgehald. Als sie merkte, dass ihre Kräfte zu erlahmen begannen und sie schon mehrmals das Strychnin mit dem Arsen verwechselt hatte, rief sie ihre Buben zu sich in die Stuben und sprach zu ihnen so:
„Hergehörcht, ihr arbeitsscheues Gesindel! Weil ihr ja sicher nicht wollt, dass eure arme hilfsbedürftige Mami im Alter Not leidet und im Megather von Atlantis die abgenagten Maiskolben aufsammeln muss, schicke ich euch hinaus in die Welt, auf dass jeder von euch einen Beruf erlerne, der uns eine Menge Pyras einbringt. Also hopphopp, worauf wartet ihr? Aber weil ihr wohl zu dämlich seid, um als Falschspieler, Banker oder Ochsenkarrenverkäufer Erfolg zu haben, empfehle ich euch: Gehet immer der Nase nach und suchet euch dort Arbeit, wo es am besten riecht. Und jetzt raus hier, bevor ich richtig hungrig werde und mir aus euch ein Süppchen koche!“
Werden die drei grenzdebilen Söhne überhaupt kapieren, was Mutti von ihnen will?
Wird ihnen die Mutter etwas halbwegs Nützliches mit auf den Weg geben (Arsen, Strychnin, Großes Atlantisches Gesetzbuch)?
Wann tritt hier endlich Batman auf?
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 2)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Ihr habt noch nicht viel verpasst. Alte Haselhexe will ihre drei Söhne in die Welt jagen, damit die sich einen gutbezahlten Job suchen…
Weil die drei jungen Kerle daran gewöhnt waren, alles zu tun, was Mutti wollte (das würdest du auch tun, wenn deine Mami eine Haselhexe wäre), schlossen sie die Augen und marschierten los. Was der Hütte drei neue Ein- bzw. Ausgangslöcher bescherte. Und da die Haselhexe mit einem atemlosen „Haste Töne, meine Söhne!“ daraufhin bewusstlos zu Boden plumpste, kam sie auch nicht mehr dazu, ihren Sprösslingen den Elderstab, den Stein der Auferstehung und den Tarnumhang mitzugeben, was die ihnen auferlegte Mission doch etwas schwieriger gestaltete.
Miriskald, der älteste Sohn, erschnupperte, kaum dass er den Dunstkreis der elterlichen Hütte verlassen hatte (was selten vorgekommen war), den leckeren Duft von heißem, ranzigem Fett und billigen Kartoffelbrocken, was ihn in wenigen kurzen Stunden zu einem Fachwerkhäuschen mitten im Walde führte, wo viele seltsame Wesen ein- und ausgingen. Die meisten trugen Tütchen voller dunkelgelbschwarzer Stäbchen, die sie sofort mit roter Pampe übergossen und gierig in sich hineinschlangen. Andere saßen an winzigen Tischchen und vertilgten wabbelige Brötchen mit totgebratenen Hackfleischklumpen. Ein hässliches, warziges grünes Männlein mit schmutzigweißer Jacke und einem Tuch über dem Arm rannte zwischen den Gästen herum, goss dem ein oder anderen braune Plörre über die Hose oder spuckte in diverse Milchshakes, bevor es sie servierte.
„Herrlich“, sagte sich Miriskald. „So was möchte ich auch können.“ In diesem Augenblick sah er das am Fenster hängende Pappschild auf dem stand: „Aushilfskellner gesucht!“
Kann Miriskald überhaupt lesen?
Warum verbietet keiner dem Märchenerzähler, hier dreist aus „Harry Potter“ zu klauen?
Was hat das gelbe „M“ auf dem Dach der Hütte zu bedeuten?
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 3)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Der älteste Sohn einer Haselhexe soll sich einen lukrativen Beruf besorgen und landet ausgerechnet bei einem Schnellimbiss, der Aushilfskräfte sucht…
„Willst du nen tollen Job?“ hörte er da ein dünnes Stimmchen von unten und er erblickte neben sich das hässliche grüne Männlein, das wie aus dem Nichts aufgetaucht war. „Ich bin nämlich der Kaiser von Zamonien. Inkognito. Und ich suche einen Nachfolger, an den ich mein gesamtes Wissen weitergeben kann. Gegen eine geringe Gebühr kommst du auf meine Kandidatenliste. Wie? Kein Geld? Unterschreib einfach hier und hier und hier, dann kriegst du einen schönen Kredit, den kannst du mir zurückzahlen, wenn du neuer Kaiser wirst. Du weißt ja, dass ein Kaiser der erste Diener seines Volkes sein muss, darum musst du dienen oder, noch besser, bedienen lernen!“
Das leuchtete Miriskald ein und dankbar setzte er seine drei Kreuze unter den Vertrag.
Nun begann für ihn eine aufregende Zeit. Der Kaiser von Zamonien brachte ihm alles bei, was er wusste und schaute ihm bis in die tiefe Nacht hinein beim „Üben! Üben! Üben!“ zu. Er lernte wie man eine Suppe gründlich versalzt, wie man eine „Spezialsoße“ mit Popeln verfeinert, wie man mit dem schmierigen Putzlappen „aus Versehen“ die Mäntel der Gäste durchnässt und noch vieles andere mehr. Und endlich, nach drei langen Wochen, war es geschafft. Der Kaiser von Zamonien trat feierlich vor ihn hin und sagte:
„Miriskald, du kannst jetzt alles, was man als Kaiser können muss und darum stehst du auch ziemlich weit oben auf der Kandidatenliste. Ich schicke dir eine Flaschenpost, falls du auserwählt wirst, den Posten anzutreten. Fürs erste kannst du nach Hause gehen und dich in freudiger Erwartung auf die faule Haut legen. Aber weil du mir so lange treu gedient hast, habe ich hier noch eine Belohnung für dich.“
Eine Belohnung? Ei Potztausend, wer hätte das gedacht?
Warum kommt mir das grüne Männlein irgendwie so bekannt vor?
Kann sich der Märchenerzähler selbst auch in die Kandidatenliste eintragen lassen?
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 4)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Der naive Miriskald wurde vom „Kaiser von Zamonien“ in nur drei Wochen zum Aushilfskellner ausgebildet. Voll der Hoffnung, einmal dessen Nachfolge antreten zu können, erwartet er nun eine Belohnung für seine treuen Dienste.
Der Kaiser griff in seine Hosentasche und zog ein zerknittertes Pergamentröllchen hervor. „Dies magische Papierlein“ deklamierte er voller Stolz „enthält das größte Geheimnis unseres Berufsstandes, also verliere es nicht. Sollten einmal entsetzlich viele Kunden ‚Kellner, Kellner!‘ schreien, deine Füße jedoch vom vielen Herumgerenne wie die Hölle brennen, so verstecke dich hinter einer Hausecke oder einem Baum, setze dich dort gemütlich hin, entrolle das Pergament und sage immer wieder den Satz auf, der darauf steht: ‚Tischlein Leckmich, Tischlein Leckmich, Tischlein Leckmich‘. Siehe, schon nach ein bis drei Stunden wird es deinen Füßen bessergehen. Und jetzt ab nach Hause mit dir, gleich ist Sperrstunde!“
Miriskald steckte das Zauberröllchen beglückt ein, drehte sich um und marschierte von dannen. Aber weil er in den drei langen Wochen seiner Ausbildung den Weg nach Hause vergessen hatte, irrte er verzweifelt durch den finsteren Wald und kam gegen Mitternacht zu der Vermutung, er müsse wohl irgendwo falsch abgebogen sein. Just da sah er im Mondlicht auf einer Wegkreuzung ein Kätzchen sitzen, das maunzte gar jämmerlich und rieb sich die geschwollenen Hinterpfötchen. Neben ihm standen zwei prächtige rote Stiefelchen.
Voller Mitleid trat Miriskald näher.
Ha… diese Katze ist doch nicht etwa…?
Na? Na?
Gerade eben hab ich‘s doch noch gewusst. Wie hieß bloß das berühmte Katzenvieh? Echo? Grumpy Cat? Garfield?
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 5)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Auf dem Heimweg zu seiner Haselhexen-Mami trifft der gerade erst zum Aushilfskellner ausgebildete, geistig nicht ganz taufrische Miriskald auf ein Kätzchen mit offensichtlich drückendem Schuhwerk…
„Du armes Ding“ säuselte Miriskald, „heute ist leider nicht dein Glückstag. Zwar hab ich hier in meiner Tasche etwas, das könnte dir wohl helfen, aber es ist schrecklich geheim und keiner darf davon wissen.“
„Kein Problem“ meinte das Kätzchen. „Ich bin Kummer gewöhnt. Setz dich doch her zu mir und iss etwas von dem leckeren Fugufisch, den ich hier in meiner Tasche habe. Nein danke, ich bin schon satt, iss es ruhig ganz auf. Eine Delikatesse.“
Dankbar schlang Miriskald den Fugufisch komplett in sich hinein. Tja, hätte er seine Lehre doch besser in einem Fischrestaurant gemacht…
Zu seinem Glück war es nur ein kleiner Fisch gewesen, aber der genügte schon, um ihn augenblicklich in eine tiefe Bewusstlosigkeit zu schicken. Und das süße Kätzchen begann in aller Ruhe und mit fiesem Grinsen, seine Taschen zu durchwühlen.
Zwei Tage später kam Miriskald wieder zu sich. Das Kätzchen aber war nirgends mehr zu sehen.
„Auch gut“ dachte Miriskald. „Mami ist sowieso gegen Katzen allergisch.“
Also suchte er weiter nach dem Weg nach Hause, fand diesen schließlich auch (purer Zufall) und eilte sich, seiner Mutti von seinen Abenteuern zu berichten und ihr das wunderbare Geschenk zu zeigen, welches er vom Kaiser von Zamonien erhalten hatte.
Wird die alte Hexe ihn nach dieser langen Zeit überhaupt wiedererkennen??
Und was wird sie von seiner beruflichen Perspektive halten?
Und die Katze? Der Name liegt mir auf der Zunge. Mikesch? Schnurrinate? Cat In The Hat? Verflixt nochmal…
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 6)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
In seiner Hast, der Haselhexen-Mami von seiner erfolgreichen „Ausbildung zum Kaiser“ zu erzählen, hat der junge Miriskald nicht bemerkt, dass er gerade Opfer eines dreisten Diebstahls geworden ist. Merke: traue nie einem süßen Kätzchen…
Und als er dann bei seiner Mami zur Tür herein stolperte…
…und diese ihm die Bratpfanne über den Schädel zog, weil sie ihn für einen Einbrecher hielt…
…und dann fünf Minuten später gleich nochmal, als sie bemerkte, dass er auf den ältesten Trick der Welt hereingefallen war…
…und dann zwei Minuten später gleich nochmal, als er bemerkte, dass das Röllchen mit dem Zauberspruch nicht mehr aufzufinden war…
…da war sie doch etwas ungehalten. Und sie sperrte ihn in den Gänsestall, weil sie vorhatte, ihn ein wenig zu mästen und dann zu braten wie ein Spanferkel, auf dass ihr auch einmal etwas Gutes im Leben vergönnt sein sollte.
Aber keine Angst, liebe Leute, noch ist es ja nicht soweit. Bis der magere Bursche schlachtreif ist, vergehen noch ein paar Tage und das gibt uns Gelegenheit, einen vorsichtigen Blick auf das Schicksal seines Bruders Mitgewald zu werfen. Alles wird gut... Aber was sage ich da? Dies ist doch ein zamonisches Märchen. Also macht euch keine Hoffnungen….
Der mittlere Bruder Mitgewald war nämlich in eine andere Richtung als Miriskald gewankt und hatte nach einiger Zeit den Duft von Braten, Knödeln und Kartoffelschnaps gerochen. Als er ihm folgte, entdeckte er ein stattliches, aber ziemlich heruntergekommenes Haus, an dem ein Schild „Zur Räuberhöhle im Wald“ hing und aus dem die Stimmen einiger Tiere drangen.
Er wartete ein wenig, bis alles still geworden war, schlich dann vorsichtig näher und entdeckte einen Esel, einen Hund, eine Katze und einen Hahn, die es sich in der Stube bzw. auf dem Dachfirst bequem gemacht hatten und mit vollen Bäuchen vor sich hin schnarchten.
Was dann geschah, ist nicht sehr appetitlich in Anbetracht der Tatsache, dass Mitgewald doch recht psychotisch veranlagt war und ein äußerst scharfes Klappmesser besaß. Ich sage nur: Brathähnchen, Yum-Yum Myau-Myau, Hot Dog, Salami. Alles klar? Ich muss nicht deutlicher werden, oder?
Als er sich notdürftig das Blut abgewischt hatte, da klopfte es plötzlich an der Tür…
Klopf-Klopf. Wer ist da?
Popo.
Popo wer? Etwa die Popolizei???
Wird das jetzt hier eine Slasher-Story oder was?
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 7)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Bruder Mitgewald hat gerade ein ziemliches Gemetzel unter ein paar harmlosen Haustierchen angerichtet. Da klopft jemand an die Tür…
Mitgewald beschloss, sich ganz dumm zu stellen (was ihm nicht gerade schwerfiel) und öffnete.
Draußen stand ein hässliches, warziges grünes Männlein in einer nicht sehr appetitlich aussehenden Metzgerschürze.
„Ich weiß, was du gerade getan hast“ quiekte das Männlein, „nicht nur, weil ich es mit meinen eigenen Augen gesehen habe, nein, ich besitze auch das dazugehörige Handyvideo. Wenn du also nicht willst, dass das auf „Fratzenbuch“ landet, überleg dir genau, ob du nicht den folgenden äußerst großzügigen Vorschlag annehmen willst:
Ich bin nämlich der Kaiser von Zamonien. Inkognito. Und ich suche einen Nachfolger, an den ich mein gesamtes Wissen weitergeben kann. Gegen eine geringe Gebühr kommst du auf meine Kandidatenliste. Wie? Kein Geld? Unterschreib einfach hier und hier und hier, dann kriegst du einen schönen Kredit, den kannst du mir zurückzahlen, wenn du neuer Kaiser wirst. Du weißt ja, dass ein Kaiser der größte Verbrecher seines Volkes sein muss, darum musst du töten oder, noch besser, meucheln lernen!“
Das leuchtete Mitgewald ein und dankbar setzte er seine drei Kreuze unter den Vertrag.
Nun begann für ihn eine aufregende Zeit. Der Kaiser von Zamonien brachte ihm alles bei, was er wusste und schaute ihm bis in die tiefe Nacht hinein beim „Üben! Üben! Üben!“ zu. Er lernte wie man sich hinterrücks an eine alte Oma heranschleicht, wie man eine Mordwaffe unauffällig und gründlich beseitigt (in einem Hochofen), wie man im Polizeiverhör den Verdacht auf einen Unschuldigen lenkt und noch vieles andere mehr. Ja, so begabt war er, dass rings um das Haus herum der Begriff „Waldsterben“ eine ganz neue Bedeutung erhielt. Und endlich, nach drei langen Wochen, war es geschafft. Der Kaiser von Zamonien trat feierlich vor ihn hin und sagte:
„Mitgewald, du kannst jetzt alles, was man als Kaiser können muss und darum stehst du auch ziemlich weit oben auf der Kandidatenliste. Ich schicke dir eine Flaschenpost, falls du auserwählt wirst, den Posten anzutreten. Fürs erste kannst du nach Hause gehen und dich in freudiger Erwartung auf die faule Haut legen. Aber weil du mir so lange treu gedient hast, habe ich hier noch eine Belohnung für dich.“
Eine Belohnung? Ei Potztausend, wer hätte das gedacht?
Warum kommt mir dieser Text nur irgendwie so bekannt vor?
Was versteht man unter dem Begriff „Cut And Paste“?
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 8)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Der naive Mitgewald wurde vom „Kaiser von Zamonien“ in nur drei Wochen zum Profikiller ausgebildet. Voll der Hoffnung, einmal dessen Nachfolge antreten zu können, erwartet er nun eine Belohnung für seine treuen Dienste.
Der Kaiser griff in seine Hosentasche und zog ein labbriges rosarotes Läppchen hervor. „Diese abgeschnittene Zunge vom Esel „Heckstich“ (du erinnerst dich, du hast sie auf den Müll geworfen, weil sie zu abgeranzt zum „verwursten“ war) deklamierte er voller Stolz „enthält das größte Geheimnis unseres Berufsstandes, also verliere sie nicht. Solltest du einmal in einer schwachen Stunde von Gewissensbissen und Weltschmerz geplagt werden, so setz dich an einen Glastisch, entrolle die Zunge und sage immer wieder das Wort auf, das ich da hineingeritzt habe: ‚Prickel-Pit, Prickel-Pit, Prickel-Pit‘. Und wenn du dann den weißen Zungenbelag vermittels eines Röhrchens in dein Näslein saugest, dann werden all die bösen Gedanken verschwinden. Zumindest zeitweise. Und jetzt ab nach Hause mit dir, gleich kommt ein gewisser Victor Frankenstein mit einem Spezialauftrag für mich.“
Mitgewald steckte das Zauberläppchen beglückt ein, drehte sich um und marschierte von dannen. Aber weil er in den drei langen Wochen seiner Ausbildung den Weg nach Hause vergessen hatte, irrte er verzweifelt durch den finsteren Wald und kam gegen Mitternacht zu der Vermutung, er müsse wohl irgendwo falsch abgebogen sein. Just da sah er im Mondlicht auf einer Wegkreuzung ein Kätzchen sitzen, das trug zwei prächtige rote Stiefelchen und weinte gar kläglich.
Neugierig trat Mitgewald näher.
Ha! Ist das nicht dieselbe Katze wie…? Ich bin schlau, was?
Verflucht, wie heißt sie bloß? Warum hilft mir denn keiner von euch auf die Sprünge?
Jetzt fällt es mir ein. Macavity!!!
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 9)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Alsdann. Bruder Mitgewald hat… ach Kacke! Es steht doch da oben. Also lest es gefälligst selber nach!
„Du armes Ding“ säuselte Mitgewald, „Was kann ich tun, um dich von deinem Leiden zu erlösen?“ Und er tastete nach dem Klappmesser an seinem Gürtel.
„Ich bin voller Trauer und Weltschmerz“ heulte das Kätzchen. „Irgend so ein WiXXXr hat meine Freundin gekillt und Yum-Yum Myau-Myau aus ihr gemacht. Ach hätte ich doch nur etwas, das mich meinen Kummer vergessen lässt.“
„Heute ist leider nicht dein Glückstag“ bedauerte Mitgewald. „Zwar hab ich hier in meiner Tasche etwas, das könnte dir wohl helfen, aber es ist schrecklich geheim und keiner darf davon wissen.
„Kein Problem“ meinte das Kätzchen. „Ich bin Enttäuschung gewöhnt. Setz dich doch her zu mir und iss etwas von dem leckeren Fugufisch, den ich hier in meiner Tasche habe. Nein danke, ich bin schon satt, iss es ruhig ganz auf. Eine Delikatesse.“
Dankbar schlang Mriskald… äh… Mitgewald den Fugufisch komplett in sich hinein. Tja, hätte er beim Aufbauseminar „Mord mit exotischen Giften“ doch nicht so oft blau gemacht…
Zu seinem Glück war es nur ein kleiner Fisch gewesen, aber der genügte schon, um ihn augenblicklich in eine tiefe Bewusstlosigkeit zu schicken. Und das süße Kätzchen begann in aller Ruhe und mit fiesem Grinsen, seine Taschen zu durchwühlen.
Zwei Tage später kam Mitgewald wieder zu sich. Das Kätzchen aber war nirgends mehr zu sehen.
„Schade“ dachte Mitgewald. „Ein Pelzkragen hätte Mami bestimmt gut gefallen. Ich hätte ihr ja nicht sagen müssen, dass er aus Katzenfell besteht. Schon wegen ihrer Katzenhaar-Allergie…“
Also suchte er weiter nach dem Weg nach Hause, fand diesen schließlich auch (purer Zufall) und eilte sich, seiner Mutti von seinen Abenteuern zu berichten und ihr das wunderbare Geschenk zu zeigen, welches er vom Kaiser von Zamonien erhalten hatte.
Hat der Kerl nichts Besseres zu tun, als seine eigene Mami über die Wupper…
Hatte der Autor nichts Besseres zu tun, als 95% des Textes aus den vorherigen Kapiteln zu recyceln (faule Sau!)?
Wird er das auch im nächsten Kapitel tun (dreimal darfst du raten)?
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 10)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Auf vielfachen Wunsch meines einzigen Lesers, der sich bitterlich darüber beklagte, dass er alles selber nachlesen sollte, nun doch wieder eine Zusammenfassung.
Miriskald von Katze beklaut, Mitgewald von Katze beklaut. Ich seh den nächsten Reinfall schon kommen.
Und als er dann bei seiner Mami zur Tür herein stolperte…
…und diese ihm die Bratpfanne über den Schädel zog, weil sie ihn für einen Mörder hielt, womit sie nicht ganz unrecht hatte…
…und dann fünf Minuten später gleich nochmal, als sie bemerkte, dass er auf den ältesten Trick der Welt hereingefallen war…
…und dann zwei Minuten später gleich nochmal, als er bemerkte, dass die Eselszunge mit dem Zauberpulver nicht mehr aufzufinden war…
…da war sie doch etwas ungehalten. Und sie sperrte ihn zu seinem Bruder Miriskald in den Gänsestall, weil sie vorhatte, sie beide ein wenig zu mästen und dann zu braten wie die Spanferkel, auf dass ihr (und einigen ausgewählten Gästen/ Freundinnen/ Kunden) auch einmal etwas Gutes im Leben vergönnt sein solle.
Aber keine Angst, liebe Leute, noch ist es ja nicht soweit. Bis die beiden mageren Burschen schlachtreif sind, vergehen noch ein paar Tage und das gibt uns Gelegenheit, einen vorsichtigen Blick auf das Schicksal des jüngsten Bruders Mehrgehald zu werfen. Und weil dies ein zamonisches Märchen ist, braucht ihr euch gar keine… ach was sag ich da. Das wisst ihr eh schon alles.
Der jüngste und (sofern das überhaupt möglich ist) dümmste Bruder Mehrgehald war nämlich in eine noch anderere Richtung als Miriskald und Mitgewald gewankt und roch nach etlichen Stunden den leckeren Geruch von Gas, Wasser und Scheiße. Dem folgte er bis zu einer Klempnerwerkstatt, die einmal einem „Meister Röhrich“ gehört hatte, aber nun leer stand, da dieser sich offensichtlich totgesoffen hatte. Und zwar in der Werkstatt. Schon vor etlichen Tagen. Weshalb es da zusätzlich auch noch bestialisch nach verwester Leiche stank. Diese Düfte erschienen dem doofen Mehrgehald aber wie eitel Honigseim und Rosenblüten und er setzte sich traurig auf einen Haufen Bleirohre und seufzte: „Ach käm doch jemand vorbei, der mir das ehrenwerte Klempnerhandwerk beibringen möcht.“
Just da klopfte es an der Hintertür.
Kommt da jetzt der nächste Klopf-Klopf-Witz?
Nee, das Christkind steht vor der Tür.
Ach was, ihr Narren, das ist gewiss Herr Mey, der ist doch Klempner von Beruf.
Guten Tag. Hier spricht das Amt für öffentliche Unordnung. Soeben wurde die Talsohle des Witzniveaus erreicht. Sollten Sie noch tiefer schürfen wollen, benutzen Sie bitte einen Bagger. Wir danken für Ihr Verständnis.
Worauf du einen lassen kannst. Pups.
Ein Pupswitz! Erwin, bring den Bagger.
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 11)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Miriskald steckt in der Scheiße, Mitgewald steckt in der Scheiße und wenn Mehrgehald jetzt wirklich Klempner wird, steckt er auch bald in der Scheiße (im wahrsten Sinne des Wortes).
Mehrgehald stand auf, öffnete neugierig die Hintertür und starrte in die Ferne, sah aber niemanden. „Du willst Klempner werden? Das kann ich dich lehren.“ hörte er da ein dünnes Stimmchen von unten und als er den Kopf senkte, erblickte er vor sich ein warziges, hässliches grünes Männlein in einem total versifften Blaumann. „Ich bin nämlich der Kaiser von Zamonien. Inkognito. Und ich suche einen Nachfolger, an den ich mein gesamtes Wissen weitergeben kann. Gegen eine geringe Gebühr kommst du auf meine Kandidatenliste. Wie? Kein Geld? Unterschreib einfach hier und hier und hier, dann kriegst du einen schönen Kredit, den kannst du mir zurückzahlen, wenn du neuer Kaiser wirst. Du weißt ja, dass ein Kaiser der erste Rohrverleger seines Volkes sein muss, darum musst du das Rohr putzen oder, noch besser, jeglichen Mist in den Griff kriegen lernen!“
Das leuchtete Mehrgehald ein und dankbar setzte er seine drei Kreuze unter den Vertrag.
Nun begann für ihn eine aufregende Zeit. Der Kaiser von Zamonien brachte ihm alles bei, was er wusste, schaute ihm bis in die tiefe Nacht hinein beim „Üben! Üben! Üben!“ zu und kassierte danach den Rechnungsbetrag in bar bei „dem armen Kunden/ Opfer/ Idioten“. Er lernte, wie man eine Gasleitung anbohrt (und danach erfolgreich zündet), wie man einem mittellosen Kunden eine völlig überteuerte Rechnung schreibt und ihn danach in die Zahlungsunfähigkeit und den Suizid treibt, wie man beim „Beseitigen“ einer Abflussrohrverstopfung das Haus unbewohnbar macht und noch vieles andere mehr. Und endlich, nach vier langen Wochen (die Ausbildungszeit für Klempner dauert etwas länger, weil der Beruf so anspruchsvoll ist), war es geschafft. Der Kaiser von Zamonien trat feierlich vor ihn hin und sagte:
„Mehrgehald, du kannst jetzt alles, was man als Kaiser können muss und darum stehst du auch ziemlich weit oben auf der Kandidatenliste. Ich schicke dir eine Flaschenpost, falls du auserwählt wirst, den Posten anzutreten. Fürs erste kannst du nach Hause gehen und dich in freudiger Erwartung auf die faule Haut legen. Aber weil du mir so lange treu gedient hast und ich mir mit deiner Hilfe den fetten Arsch vergolden konnte, habe ich hier noch eine Belohnung für dich.“
Eine Belohnung? Ei Potztausend, wer hätte das gedacht?
Kann es sein, dass der Autor hier die unglaubliche Frechheit besitzt, denselben Text schon zum dritten Mal wieder zu verwenden?
Kann es sein, dass dem Autor das völlig schnurz ist?
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 12)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Mami will die Brüder fressen, Sohni hat den Weg vergessen…
Nee, das kömmt erst jetzt. Ich bin ganz entsetzt,
Dass ich das verriet… Ende von dem Lied.
Der Kaiser griff in die Mülltonne und zog einen uralten, halb verfaulten Pümpel hervor. „Dieses wundersame Reinigungsgerät“ deklamierte er voller Stolz „enthält das größte Geheimnis unseres Berufsstandes, also verliere es nicht. Solltest du einmal tatkräftige Unterstützung in einer Wirtshausrauferei benötigen, schwenke diesen Pümpel durch die Luft und schreie immer wieder folgenden Satz: ‚Pümpel Andemsack, Pümpel Andemsack, Pümpel Andemsack‘. Und wenn du dir an diesem Tag noch nicht die Zähne geputzt hast, werden alle Gegner wie von Zauberhand von dem widerlichen Gestank… dieses…äh… Dingses… überwältigt werden und würgend zu Boden stürzen. Und jetzt ab nach Hause mit dir, gleich muss ich noch die Wüste Gobi besuchen und dort einen Brunnen bohren. Aber ich gebe dir als Bonus noch einen guten Rat mit auf den Weg: Traue niemals einem süßen Kätzchen, auf dass es dir nicht so ergeht wie diesen beiden anderen Vollidioten.“
Mehrgehald wusste zwar nicht, was er von diesem „guten Rat“ halten sollte, steckte den Pümpel jedoch beglückt in den Hosenbund, drehte sich um und marschierte von dannen. Aber weil er in den vier langen Wochen seiner Ausbildung den Weg nach Hause vergessen hatte (warum sollte es ihm bessergehen als seinen beiden doofen Brüdern), irrte auch er verzweifelt durch den finsteren Wald und kam gegen Mitternacht zu der Vermutung, er müsse wohl irgendwo falsch abgebogen sein. Just da sah er im Mondlicht auf einer Wegkreuzung ein Kätzchen herumhopsen, das trug zwei prächtige rote Stiefelchen, an jeder Pfote einen Schlagring und stieß aggressive, fauchende Laute aus („Komm doch her, wenn du dich traust!“, „Feigling!“, „Nimm diesen!“, „Dein Gesicht geht zur Hölle!“ etc.).
Neugierig trat Mehrgehald näher.
Ich kann mir nicht helfen, aber bedeutet das, dass wir auf den Showdown zusteuern?
Und dass dann das Märchen bald zu Ende ist?
Lob sei dem Herrn!
Fortsetzung folgt.

TISCHLEIN LECKMICH, ESEL HECKSTICH UND PÜMPEL ANDEMSACK (Teil 13)
Ein kulinarisches zamonisches Märchen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen
Was bisher geschah:
Will keiner mehr wissen. Wichtig ist nur: jetzt kommt endlich die große Klopperei.
„Ey du Hoschi“ raunzte Mehrgehald, „willste was auf die Fresse? Man hat mich gewarnt, ich soll mich vor süßen Kätzchen in Acht nehmen. Und darum setzt es jetzt Hiebe für dich.“
Aber kaum hatte er den Mund aufgemacht, um „Pümpel Andemsack“ zu schreien, da bekam er von dem wieselflinken Kätzchen schon eins auf die Faselrübe. Und dann noch eins und noch eins. Und dann noch drei weitere, damit die ersten drei nicht so alleine waren. Und dann einen Volley unters Kinn, der ihn längelang auf die Bretter schickte.
„Heute ist leider nicht mein Glückstag“ röchelte Mehrgehald durchs gebrochene Nasenbein. „Zwar hab ich hier an meinem Gürtel etwas, das könnte mir wohl helfen, aber es ist schrecklich geheim und keiner darf davon wissen.
„Klasse!“ meinte das Kätzchen. „Dann betrachte ich mich als Sieger, was bedeutet, dass du normalerweise schon so gut wie tot wärst. Aber ich will mal gnädig sein. Gib mir einfach die zehn Millionen Pyra, die du geklaut hast, als du den Safe der Klempnerei aufgeschweißt hast, dann lasse ich dich laufen und gebe dir sogar noch das Zeugs mit, das ich deinen beiden blöden Brüdern abgenommen habe. Taugt eh nix.“
Dankbar überreichte Mehrgehald dem Kätzchen den Inhalt seines Geldsäckels, erhielt dafür ein Papierröllchen und einen rosa Lappen und kroch mit letzter Kraft den Weg nach Hause, wobei er, bevor er diesen gefunden hatte, noch mehrmals von anderen Wegelagerern in die Mangel genommen wurde, die ihn jedoch, weil sie keine Wertsachen bei ihm fanden, ziemlich unappetitlich… aber das tut jetzt nichts zur Sache.
„Immerhin“ dachte Mehrgehald, „habe ich ein Papierröllchen, ein rosa Läppchen und einen ollen Pümpel behalten. Und das ist besser als gar nichts.“
Er freute sich schon darauf, seiner Mutti von seinen Abenteuern zu berichten und ihr den gestohlenen Besitz seiner Brüder und das wunderbare Geschenk zu zeigen, welches er vom Kaiser von Zamonien erhalten hatte.
Als er durch die Tür trat, saß seine Mutti gerade mit ihren drei liebsten Gästen/ Freundinnen/ Kunden am Küchentisch bei einem Festmahl. Überall duftete es nach gebratenem Fleisch und die Tätowierung auf dem gesottenen Unterarm, der aus Muttis Maul hing, sprach eine deutliche Sprache.
Tja, lieber Mehrgehald, leider zu spät gekommen. Das hast du davon, wenn du eine Woche länger lernst als deine Brüder. Mögen sie in Frieden verdaut werden.
In einem unwahrscheinlichen Anfall von Intelligenz drehte sich Mehrgehald auf der Schwelle um und rannte was er konnte davon. Als er jedoch am Abend voller Hunger und Verzweiflung das rosa Läppchen verschlang, erlag er einer Lebensmittelvergiftung und segnete, wie seine Brüder, das Zeitliche.
Und die alte Haselhexe samt ihren Gästen erkrankten an Kuru. Einige starben qualvoll, die Hexe jedoch blieb am Leben und wurde noch jahrelang von starken Blähungen geplagt, die ihr für den Rest ihres jämmerlichen Daseins zu schaffen machten.
Und wenn sie nicht gestorben ist, dann pupst sie noch heute.
Erwin! Wir brauchen einen größeren Bagger!

ENDE

Re: Rrring frei zur Märchenrunde

Verfasst: Do 29. Sep 2022, 07:34
von Andray DuFranck
DAS MÄRCHEN VOM ROTZKÄPPCHEN (Teil 1)
Was bisher geschah:
Gar nix, ihr Vollhonks. Das ist doch erst der erste Teil!
Es lebten einmal im tiefen Wald eine Mami, die hieß Pfingströschen und der dazugehörige Papi, das war der ehemalige Große Böse Wolf. Sie betrieben zusammen ein Schuhgeschäft, was zwar mitten im Wald wenig Sinn macht, aber dies ist ja ein zamonisches Märchen, also was soll’s?
Ohne mich allzusehr in Details zu verlieren, muss ich noch hinzufügen, dass sie erfolgreich eine Tochter produziert hatten, die nannten sie Rotzkäppchen. Und ich hoffe, sie kam aussehensmäßig nicht nach ihrem Papi.
Okay. Kam sie doch. Damit ist sie höchstwahrscheinlich die Erfinderin der Furries. Aber ich schweife ab.
Ihr fragt jetzt sicher, warum sie „Rotzkäppchen“ genannt wurde. Fragt ruhig, durch Fragen lernt man. Leider weiß ich die Antwort auch nicht. Verdammt, ich schweife schon wieder ab.
Eines grässlichen Tages sagte die Mami zu Rotzkäppchen:
Töchterlein, du bist jetzt alt genug, um deinen hart arbeitenden Eltern ein wenig unter die Arme zu greifen, darum schicken wir dich, wie es in Märchen halt so üblich ist, mit einer idiotischen Aufgabe weit weg, mitten in die Gefahr. Und außerdem haben Papi und ich dann endlich mal wieder einen Nachmittag nur für uns. Wir wollen nämlich das neue Ehebett einweihen und endlich mal... ungestört schlafen.

FORTSETZUNG FOLGT


DAS MÄRCHEN VOM ROTZKÄPPCHEN (Teil 2)
Was bisher geschah:
Das junge Rotzkäppchen soll einen Spezialauftrag erhalten, damit seine Eltern mal wieder… denkt’s euch selber aus.
Mami Pfingströschen kurbelte eiligst an der Kurbel eines altmodischen Grammophons, worauf ein unangenehm hohes Quiekstimmchen die folgende Nachricht verlas:
Hallo, Mr./ Mrs. Piiiiiiiiiep –hier bitte Ihren Namen einsetzen-. Ihr Auftrag, sollten Sie ihn annehmen, besteht darin, ein Team von Spezialisten zusammenzustellen, die in der Lage sind, völlig unmögliche Missionen zu erfüllen. Am besten wären also ein Windmacher, ein Meisterschütze, ein Schnellläufer, ein Muskelmann und ein Typ, der durch Verschieben seines Hütchens Kälte erzeugen kann. Aber jeder andere freiwillige Idiot tut‘s auch.
Wenn Sie die Bande zusammengetrieben… äh… -getrommelt haben, bauen Sie bitte irgendwo ein geheimes unterirdisches Hauptquartier mit allem Schnick und Schnack, aber bitte nicht zu nah an der Geheimen Stollentroll-Schule in Unbiskant, das gibt nur Probleme.
Sobald Sie dies geschafft haben, werde ich mich wieder mit Ihnen in Verbindung setzen und Ihnen zum Dank für die erfolgreiche Erfüllung des Auftrags einen feuchten Händedruck schenken. Bezahlung, Krankengeld und Schadensersatzansprüche können Sie dagegen vergessen. Dies hier ist schließlich ein zamonisches Märchen. Und sollten sie scheitern, werden wir selbstverständlich leugnen, Sie zu kennen, mit Ihnen auf dem gleichen Kontinent gewesen zu sein und jemals auch nur das Allergeringste mit ihnen zu tun gehabt zu haben.
Viel Glück, Mr./ Mrs. Piiiiiiiiiep –hier bitte Ihren Namen einsetzen-. Sie werden es brauchen. Diese Schelllack-Platte zerstört sich in zehn Sekunden von selbst. Also rennen Sie was Sie können. Neun… acht… sieben…
Da die Geschichte hier nicht sofort enden soll, sind wir mal so gnädig und lassen Rotzkäppchen schleunigst die Beine in die Hand nehmen, bevor die nachfolgende Atomexplosion sie erreicht. Bumsti.
Upps… wir haben Pfingströschen und den Großen Bösen Wolf vergessen. Mögen sie in Frieden verglühen.
FORTSETZUNG FOLGT


DAS MÄRCHEN VOM ROTZKÄPPCHEN (Teil 3)
Was bisher geschah:
Atom-Explosion. Weltuntergang. Aua. Rotzkäppchen, übernehmen Sie!
Nach wenigen dürren Worten erreichte Rotzkäppchen eine Straße, die war mit gelben Ziegelsteinen gepflastert und führte auf die Kulisse einer am Horizont stehenden, nicht gerade überzeugend wirkenden smaragdgrünen Stadt zu. Ganz in der Nähe, auf einem Kartoffelacker am Straßenrand, hing eine zerlumpte Kartoffelkäferscheuche an einem Pfahl.
„Hallo du da!“ rief die Scheuche. „Glotz nicht so doof. Ja, ich kann sprechen, schließlich sind wir hier in einem Märchen. Wenn Du mich losbindest, kann ich Dein treuer Skla… äh… Begleiter werden.“
„Soso“, meinte Rotzkäppchen zweifelnd. „Was hast du denn so drauf? Ich meine außer den beiden dicken Kartoffeln, die du offensichtlich in deiner Hose versteckt hältst.“
„Oho!“ rief da die Kartoffelkäferscheuche, „lass Dich nicht von meinem unscheinbaren Äußeren täuschen. Ich bin der Kaiser von Zamonien… ach was, das glaubt mir eh kein Schwein. Man nennt mich den „Alten Fritz“, ich kann Kartoffelkäfer scheuchen, das aber richtig gut. Bin sozusagen eine auf die Beseitigung unerwünschter Elemente spezialisierte Fachkraft, immer hochwillkommen und gut zu gebrauchen.“
Rotzkäppchen rümpfte die Nase. „Das wäre schon okay“, mäkelte sie, „wenn du nur nicht so bestialisch nach verfaulten Kartoffeln stinken würdest.“
„Das ist kein Problem“ meinte die Scheuche. „Nimm einfach diese Wäscheklammer hier und klemm sie Dir auf die Nase. Schon bin ich für Dich unriechbar.“
„Tatsächlich“ staunte Rotzkäppchen und band die Kartoffelkäferscheuche los. Und weil solche Fantasy-Scheuchen normalerweise außer sprechen auch noch laufen (oder zumindest taumeln) können, musste sie ihren neuen Gefährten noch nicht einmal auf dem Rücken mit sich herumtragen.
„Ich suche noch so ein paar hoffnungslose Gestalten wie Dich“, meinte Rotzkäppchen und kam damit, wie es ihre Art war, sofort zur Sache. „Kennst du welche?“
„Na klar“ jubelte Fritz. „Mein alter Schulkamerad, der Scheppernde Rostmann, wohnt hier mit seinem Kumpel „Gut Geschärftes Hackebeil“ gleich um die Ecke. Wozu brauchst du den? Du willst doch nicht etwa ein Team von Spezialisten zusammenstellen, die in der Lage sind, völlig unmögliche Aufträge zu erledigen und dann eine unterirdische Kommandozentrale mit allem Schnick und Schnack errichten? Ich hab das schon mal in einer Kristallkugel-Sendung gesehen, konnte mir aber nie vorstellen, dass es so was wirklich gibt.“
„Hrngnmpf“ murmelte Rotzkäppchen vor sich hin. Und das musste der Kartoffelkäferscheuche erst einmal als Antwort genügen.
FORTSETZUNG FOLGT


DAS MÄRCHEN VOM ROTZKÄPPCHEN (Teil 4)
Was bisher geschah:
Das R-Team (Rotzkäppchen and friends) soll Verstärkung bekommen. Aber ausgerechnet einen hackebeilschwingenden Rostmann? Ob das gutgeht?
Tatsächlich erreichten die beiden Wanderer nach erstaunlich kurzer Zeit einen Hof, der von einer hohen Steinmauer umgeben war und aus dessen weit geöffnetem Tor unheimliche Geräusche drangen. Jemand versuchte offensichtlich, ein Liedlein zu trällern (scheiterte dabei aber kläglich):
„Hacke-hacke-Beilchen, Hi-ha-hack
Hacke noch ein Weilchen, Hi-ha-hack.
Zeprodilius Hackebeil
O wie ist das Hacken geil.
Lauter kleine Teilchen, Hi-ha-hack!“
Der „Sänger“, eine Art rostzerfressener menschenähnlicher Roboter, bemerkte die beiden am Tor stehenden Gestalten und begrüßte sie mit einem herzlichen „Raus hier, Gesindel!“
„Immer mit der Ruhe, alter Freund“ brüllte da die Kartoffelkäferscheuche, nur Sekundenbruchteile bevor das Beil sie in zwei Hälften zerteilen konnte. „Ich bin‘s doch nur, der Alte Fritz. Und von der hässlichen Tussi da geht keine Gefahr aus.“
Schnell beruhigte sich das cholerische Rostmonster wieder und setzte ein hinterlistiges Grinsen auf. „Was will sie hier? Sie will doch nicht etwa ein Team von Spezialisten zusammenstellen, die in der Lage sind, völlig unmögliche Aufträge zu erledigen und dann eine unterirdische Kommandozentrale mit allem Schnick und Schnack errichten? Ich hab das schon mal in einer Kristallkugel-Sendung gesehen, konnte mir aber nie vorstellen, dass es so was wirklich gibt.“
„Hrngnmpf“ murmelte Rotzkäppchen.
„Super! Ich bin dabei! Darf ich mich vorstellen: Zeprodilius Hackebeil, aktiver Hacker und Spezialist für winzigkleine Pakete. Und das hier ist mein Kumpel „Gut geschärftes Hackebeil“. Ihr dürft aber gerne „Hackepeter“ zu mir sagen, das ist mein Spitzname aus Schulzeiten.“ Damit zwinkerte er der Scheuche verschwörerisch zu.
„Moment mal, Genosse!“ bremste Rotzkäppchen. „Das mag ja alles ganz gut und schön sein, aber Dein ohrenbetäubendes Geklapper treibt mich in den Wahnsinn!“
„Das ist kein Problem“ meinte der Rostmann. „Nimm einfach diese Petersilie hier und stopf sie Dir in die Ohren. Schon bin ich für Dich unhörbar.“
„Tatsächlich“ staunte Rotzkäppchen und hieß den Hacker in der Gemeinschaft willkommen. Und weil es so ihre Art war, fragte sie auch ihn (wobei sie kurzzeitig die Petersilie aus einem Ohr nahm), ob er noch weitere Kandidaten für die Truppe kenne.
„Lass mich mal überlegen“ antwortete der Rostmann. „Ja, da wäre vielleicht noch die Feige Hyäne, aber die ist so ein Angstschisser, dass wir sie wohl niemals finden werden, denn sie ist eine Meisterin der Tarnung. In letzter Zeit zieht aber oft ein Kätzchen mit ihr herum, das trägt rote Stiefelchen und ist ein ziemlich unangenehmer Geselle. Käme das vielleicht in Frage?“
„Nix wie hin. Worauf warten wir noch?“
FORTSETZUNG FOLGT


DAS MÄRCHEN VOM ROTZKÄPPCHEN (Teil 5)
Was bisher geschah:
Rotzkäppchen hat mit dem Hacker Zeprodilius Hackebeil bereits das zweite Mitglied für ihr R-Team gefunden. Als nächstes steht ein geheimnisvoller Kater auf der Liste.
„Da müssen wir aber ein paar Schritte laufen“ meinte Fritz. „Soweit ich weiß, hält sich das Vieh mit Vorliebe in einer Kneipe namens ‚Kellerassels Erbe‘ bei Dullsgard auf. Und der Kneipenwirt ist ein MENSCH, igitt!“
„Geht ganz fix“, beschwichtigte der Rostmann. „Ich wette, im nächsten Abschnitt sind wir da.“
Genauso war es. Quietschend öffnete sich die Kneipentür, als Rotzkäppchen und Fritz eintraten (den Zeprodilius hatten sie, um Lärmbelästigung zu vermeiden, vorsichtshalber um die Ecke geparkt). An der Theke sahen sie schon von Weitem das bewusste Kätzchen sitzen, das mit zwei silberglänzenden Schlagringen jonglierte. Rotzkäppchen tippte ihm von hinten auf die Schulter, worauf es mit einem Entsetzensschrei herumfuhr.
„Bist du bekloppt?“ fauchte das Kätzchen. „Mich hier zu Tode zu erschrecken! Wer bist du eigentlich, du potthässliche Göre?“
„Mein Name ist Käppchen. Rotz Käppchen. Und Du bist sicherlich der Gestie…“
Die Katze legte ihr blitzschnell die Pfote auf den Mund. „Halt’s Maul, Schwester! Du lässt ja meine Tarnung auffliegen!“ zischte sie. „Ich bin hier der ‚Verkaterte Stiefel‘, ist das klar?“
„Mmmmmmhhhh…“ nickte Rotzkäppchen, zog die Pfote weg und spuckte ein paar Katzenhaare aus. „Warum bist du denn verkatert?“
„Ich saufe. Ich muss meinen Kummer vergessen, weil irgend so ein Arschloch meine Freundin gekillt und Yum-Yum Myau-Myau aus ihr gemacht hat. Tja, eine Ablenkung täte mir wohl wohl.“
„Das trifft sich prima. Ich bin auf der Suche nach…“
„Lass mich raten. Du willst doch nicht etwa ein Team von Spezialisten zusammenstellen, die in der Lage sind, völlig unmögliche Aufträge zu erledigen und dann eine unterirdische Kommandozentrale mit allem Schnick und Schnack errichten? Ich hab das schon mal in einer Kristallkugel-Sendung gesehen, konnte mir aber nie vorstellen, dass es so was wirklich gibt.“
„Hrngnmpf“ bestätigte Rotzkäppchen. „Schlag ein und sei dabei. Du bist sicherlich ein richtig gefährlicher Geselle.“
„Eher nicht“, wiegelte der Verkaterte Stiefel ab. „Zurzeit zehre ich eher von meinem Ruf als gefürchteter Wegelagerer. Zwar bin ich nicht schlecht mit dem Schlagring und einen doofen Klempnerlümmel lege ich immer noch problemlos aufs Kreuz, aber man wird ja auch nicht jünger, daher bevorzuge ich einen gezielten Stich zwischen die Schulterblätter, wenn‘s drauf ankommt. Aber ich mache mich gut als Strippenzieher im Hintergrund und besitze außerdem zehn Millionen Pyras zum Investieren, die mir vor ein paar Tagen… äh… ganz zufällig in die Hände gefallen sind. Damit lässt sich schon ein nettes Hauptquartierchen finanzieren und ein schwarz-rot angemalter Last-Ochsenkarren wäre auch mit drin.“
„Klasse“ meinte Rotzkäppchen. „Abgemacht. Dann können wir uns jetzt ‚Die Vier Muskeltiere‘ nennen. Nur eines noch: kannst Du bitte diese blöden Schlagringe wegstecken? Da wird man ja irre bei dem Bling-Bling!“
„Das ist kein Problem. Nimm einfach diese nachtschwarze Sonnenbrille hier und setz sie auf. Schon bin ich für Dich unsichtbar.“
„Tatsächlich“ staunte Rotzkäppchen und hieß Stiefel in der Gemeinschaft willkommen. Und weil es so ihre Art war, fragte sie auch ihn, ob er noch weitere Kandidaten für die Truppe kenne.
„Leider nicht“ verneinte dieser. „Die Feige Hyäne versteckt sich in letzter Zeit so gut, dass selbst ich sie nicht mehr finde und die olle Haselhexe, die da bei Zweiloch wohnt, ist mir auch nicht mehr sehr sympathisch, seit sie fast im Alleingang zwei ihrer Söhne gefressen hat. Und den dazugehörigen Pupswitz spare ich mir an dieser Stelle.“
„Das heißt im Klartext: ihr braucht MICH“ ertönte da ein unangenehm hohes Quiekstimmchen von unten.
FORTSETZUNG FOLGT


DAS MÄRCHEN VOM ROTZKÄPPCHEN (Teil 6)
Was bisher geschah:
Eine Halbwölfin + eine Kartoffelkäferscheuche + ein cholerischer Rostmann + eine Gangster-Katze = jede Menge Schwachsinn. Da fehlt nur noch…
„Na sieh mal einer an“ kommentierte Stiefel. „Da ist ja der Einzige Echte und Wahre Kaiser von Zamonien, natürlich inkognito. Dass Du Dich noch hierher traust.“
„Irgendwie kommt mir seine Stimme bekannt vor“ murmelte Rotzkäppchen. „Wenn ich nur wüsste… aber es fällt mir sicherlich noch ein.“
„Da ich Kapitel 1 bis 5 dieses Machwerks kurz nach ihrer Fertigstellung geklaut und gelesen habe, bin ich völlig im Bilde“ kicherte die kleine, graugrüne, warzige Gestalt, die sich gerade frech zwischen die Anwesenden drängelte (die ihr, sei es wegen ihrer Erhabenheit oder ihres unangenehm-süßsäuerlichen Geruchs, eiligst Platz machten). „Ich sei, gewährt mir die Bitte, in Eurer Runde der Fünfte. Fünf ist eine gute Zahl, denkt nur an die Fünf Jahreszeiten, die Fünf Reiter der Apokralipse oder die Fünf Ecken eines Quadrats. Kähä.“
„Meinetwegen“ stimmte Rotzkäppchen widerstrebend zu. „Im Interesse meiner Kumpels verlange ich aber, dass Du entweder mindestens drei Meter gegen den Wind bleibst oder die Dienste der nächsten Ochsenkarren-Waschanlage in Anspruch nimmst.“
Der Kaiser von Zamonien verzog angewidert das Gesicht. „Da ich mit Elphaba Thropp weitläufig verwandt bin und bei Kontakt mit Wasser schmelze, entscheide ich mich für die erste Option“ meckerte er. „Das bedeutet: Ich bin dabei. Nennt mich Sab… äh… Ind… äh…Kaiser Schmarrn, das passt schon. Topp. Hand drauf.“
„Lieber nicht“ würgte Rotzkäppchen und schüttelte sich vor Ekel. „Es geht auch so. Tja, dann wollen wir mal ein paar billige Lohnsklaven anheuern, die uns unser Hauptquartier bauen und, damit es auch wirklich geheim bleibt, vom Verkaterten Stiefel hier anschließend dahingemeuchelt werden. Denn so läuft das nun mal in schlechten Abenteuergeschichten. Und es spart Geld.“
„Darauf trinken wir einen!“ rief die Kartoffelkäferscheuche. „He, Wirt! Bescheid!“
An der Tür war ein Scheppern zu hören und der Rostmann streckte seinen Kopf herein. „Erst bindet ihr mich um die Ecke an einen Pfosten wie einen alten Ackergaul, dann seid ihr am Saufen, ohne mich dazu zu holen! Das wird Fohlen haben!“ brüllte er und schwang drohend die Axt.
Der Verkaterte Stiefel warf dem Wirt ein paar Pyras zu. „Da“ meinte er. „Für eine neue Kneipe.“
FORTSETZUNG FOLGT


DAS MÄRCHEN VOM ROTZKÄPPCHEN (Teil 7)
Was bisher geschah:
Scheißegal. Hier wird gleich aus einer Kneipe Kleinholz gemacht.
Tja, an dieser Stelle werde ich die gesamte Leser- bzw. Zuhörerschaft leider enttäuschen müssen. Denn der Kneipenwirt war kein Geringerer als Holm Keenbreen. Und das bedeutet, dass… ja… was bedeutet das denn? Verflucht nochmal, ich habe mich verfranzt.
(Zeit für den alten Ratten-Trick. Der folgende Abschnitt war völlig genial, wurde aber leider soeben von einer Ratte gefressen und ist nicht mehr reproduzierbar. Pech für den Autor, damit kann er den Literatur-Nobelpreis vergessen.)
XXXXXXXXXXXXXX*****XXXXX******XXXXXXXXXXXXXXXXXX**XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX*XX*XX*XX*XXXXXXXXXXXXXXX******XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX****XXXXXXXXX*XXXXXXXXXXXXXXXXXX**XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX***XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX*XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX******************XXXXXXXXXXXXXXX*X*X*XXXXX**XXXXXXXX***XXX!!!
„Stiefel, das geht so nicht weiter!“ raunzte Rotzkäppchen, als sie außer Hörweite der formschönen neuen Ruine waren. „Du hast diesem Depp von Wirt ganze 10 Pyras für seine schrottreife Bruchbude gegeben. So fängt’s an. Und über kurz oder lang schmeißt du die zehn Mios womöglich für Schnaps und wilde Weiber raus. Her mit dem Geld, das verwalte ICH jetzt!“
Missmutig reichte ihr der Kater den prall gefüllten Beutel.
So wanderten unsere Fünf Lustigen Gefährten (oder auch „das dyskalkulische Kleeblatt“, wie sie sich jetzt nannten) auf der gelben Ziegelsteinstraße dahin, um einen Ort zu finden, an dem sie billige Lohnsklaven und ein Gelände für das Hauptquartier erstehen konnten. Und wie es der Zufall will, fanden sie diesen Ort auch wenige Sätze später.
Nee, jetzt noch nicht. Jetzt auch noch nicht. Bitte warten Sie. Bitte warten Sie. Kein Anschluss unter dieser Nummer. Wir bitten um etwas Geduld. Tonstörung. Sendepause. Gleich. Gleich. Es dauert wirklich nicht mehr lange, ihr ungeduldigen Blagen. JETZT HABT DOCH NOCH EIN WENIG GEDULD!!!!! WIR SIND JA SCHON DA!!!! Puh.
Der kleine Ort Dumpfingen war auf keiner Landkarte verzeichnet. Aber er wimmelte nur so von Massen an arbeitsloser Bevölkerung. Denn wo es keine Infrastruktur gab, gab es auch keine Jobs. Zwar führte die gelbe Ziegelsteinstraße direkt durch den Ortskern, aber dieser wirkte so öde, dass hier noch nie ein Ochsenkarren gehalten hatte, weil der Fahrer sich entleeren oder erfrischen wollte. Und da bereits wenige hundert Schritte weiter die Smaragdstadt mit ihren Luxusrestaurants und Amüsierbetrieben lockte, ist das auch völlig nachvollziehbar.
Jedenfalls entschied Rotzkäppchen spontan, dieses unscheinbare Kaff solle die Heimat ihres neuen Hauptquartiers werden.
Sogleich machten sich Fritz und Zeprodilius daran, Arbeitskräfte zu akquirieren und mehr oder weniger freundlich zur Kooperation zu überreden. Leider erfolglos, da sie weder Bargeld noch eine ‚Natifftoffische Bescheinigung zur Erlaubnis der Einstellung von Ungelernten Arbeitskräften im Öffentlichen/ Staatlichen Baugewerbe #44B207d gemäß dem Großen Zamonischen Gesetzbuch §2761 Abschnitt 822 Absatz 945‘ vorweisen konnten.
Während Kaiser Schmarrn „die Gegend auskundschaftete“ und schon nach kürzester Zeit weder zu sehen, noch zu riechen war, suchten Rotzkäppchen und Stiefel nach einem ortsansässigen Immobilienhai, um ein passendes Grundstück zu erwerben.
Nach etlichen erfolglosen Minuten stießen sie hinter einer Hausecke auf ein kleines, graugrünes, warziges Männlein, das trug einen bodenlangen Staubmantel und einen riesigen Schlapphut, den es sich tief ins Gesicht gezogen hatte. Auf einem hastig beschrifteten Schild, das neben ihm in der Erde steckte, standen die dahingekrakelten Worte:
PESA NAIDNI, GRUNDSTÜCKSMAKLER. SIE SUCHEN – ICH FINDE. DER PREIS SPIELT KEINE ROLLE!
„Haben wir ein Glück“, seufzte Rotzkäppchen.
FORTSETZUNG FOLGT


DAS MÄRCHEN VOM ROTZKÄPPCHEN (Teil 8)
Was bisher geschah:
Alsdann. Da ist so ein hässliches Wolfsmädchen, das nennt sich Rotzkäppchen, und das sucht sich drei, nein halt, vier, ach Quatsch, ich habe ja die Hälfte vergessen, das kriegt also einen Auftrag, angeblich von ihrer Mami, aber die stirbt dann… durch eine Atomexplosion… und mit ihr der Papi und… jedenfalls ist das Ganze äußerst lustig und unterhaltsam, warum lest ihr es also nicht selber, dann bräuchte ich mir für diese blöden Zusammenfassungen nicht jedes Mal einen abzubrechen. So.
„Hey, ihr beiden dahergelaufenen Touris, braucht ihr zufällig einen Platz, wo ihr ein unterirdisches Hauptquartier für eine streng geheime Organisation errichten könnt, und dazu jede Menge billiger Lohnsklaven, nach denen keine Sau fragt, wenn ihr sie am Ende abmurkst? Ja? Nein? Ja? Dachte ich‘s mir doch,“ flüsterte das Männlein mit heiserer Stimme.
„Waaaas? Einen Platz, wo wir ein unterirdisches Hauptquartier für eine streng geheime Organisation errichten können, und dazu jede Menge billiger Lohnsklaven, nach denen keine Sau fragt, wenn wir sie am Ende abmurksen?“ riefen die beiden freudig.
„Pssssst. Genaaaaau. Spreche ich übrigens chinesisch, dass ihr mir alles nachplappern müsst wie zwei grenzdebile Papageien?“
„Unsere Höflichkeit gebietet uns, Eure Unverschämtheiten zu ignorieren, oh ehrlicher Kaufmann. Was soll das denn nun kosten?“
„Einmaliges Sonderangebot zum Schnäppchenpreis. All-Inclusive-Paket. Material, Arbeiter, Bauplatz, Bestechungsgebühren für die Baugenehmigung… alles schon mit drin. Nur zehn Millionen Pyras. Zahlbar sofort und in bar, kein Kredit. So sind nun mal die Regeln hier.“
Rotzkäppchen und Stiefel sahen einander eine Sekunde lang an, nickten sich zu und schrien dann unisono: „Halts Maul und nimm unser Geld. Aber pronto!“
Nachdem der Immobilienmakler die Summe gezählt und bemängelt hatte, es würden 10 Pyras fehlen („muss mit Zinsen nachgezahlt werden!“), verdrückte sich das Männlein mit der Information, es müsse nun alles vorbereiten und es würde nicht lange dauern, bis es wiederkäme. Sie sollten einfach hier warten.
Drei Tage später…
„Hm“, meinte Rotzkäppchen zu Stiefel. „Ich glaube, man hat uns reingelegt.“
FORTSETZUNG FOLGT


DAS MÄRCHEN VOM ROTZKÄPPCHEN (Teil 9)
Was bisher geschah:
Rotzkäppchens ach so tolle Truppe ist pleite, weil sie und ihr Kumpel Stiefel auf einen betrügerischen Immobilienmakler hereingefallen sind. Was da noch Schlimmeres passieren kann? Wartet‘s nur ab.
An diesem Abend setzten sich die Fünf um ein improvisiertes Lagerfeuer, rösteten Kakerlaken am Stock und berieten, was sie nun tun sollten. Alle bewunderten Kaiser Schmarrns neuen golddurchwirkten Anzug und die diamantbesetzte Krone, die er, wie er stolz erzählte, beim Auskundschaften der Gegend in einer Mülltonne gefunden hatte.
„Irgendwie müssen wir das nötige Geld beschaffen, um das Hauptquartier zu bauen“, sinnierte Rotzkäppchen. „Aber hier gibt es noch nicht einmal eine Bank, die wir überfallen könnten.“
„Ich hab‘s!“ rief da Kaiser Schmarrn. „Beim Kundschaften habe ich einen skrupellosen Arzt getroffen, der zahlt gutes Geld für innere Organe. Milz, Leber, Nieren, Herz, Lunge… ihr wisst schon. Wenn jeder von uns gibt, was er hat, kriegen wir vielleicht genügend Kohle zusammen. Der Rostmann kann aufs Altmetall, da werden zurzeit auch hohe Preise bezahlt und die Kartoffelkäfer-Scheuche können wir als Geisterbahn-Deko verkaufen. Na, was meint ihr?“
Da die Übrigen keine bessere Idee hatten, stimmten sie dem Plan des Kaisers zu. Dieser erklärte sich selbstlos dazu bereit, sogleich den Chirurgen zu suchen und ihm den Weg ans Lagerfeuer zu weisen.
Einige Minuten später näherte sich der restlichen Truppe eine kleine Gestalt in einem bodenlangen weißen Kittel und mit einer Operationsmaske vor dem Gesicht. In der graugrünen, warzigen Hand hielt sie ein blitzendes Skalpell.
„Wo sind die spendewilligen Patienten?“ quiekte der Doktor mit unangenehm hoher Stimme. Rotzkäppchen fühlte sich sogleich befleißigt, als Truppenführerin mit gutem Beispiel voranzugehen.
„Zuerst komme ich!“ sagte sie mit Nachdruck. „Nehmen Sie alles, was Sie brauchen können! Übrigens… Ihre Stimme kommt mir irgendwie bekannt vor. Wenn mir nur einfallen würde, woher.“
In diesem Moment setzte sich die Scheuche neben sie, der Rostmann begann mit den Gliedmaßen zu klappern und Stiefel holte seine Schlagringe heraus. Schnell setzte sich Rotzkäppchen die Wäscheklammer und die Sonnenbrille auf die Nase und stopfte sich Petersilie in die Ohren. So roch, sah und hörte sie nicht, was auf sie zukam, als der angebliche Doktor begann, ihr (ohne Narkose) den Bauch aufzuschlitzen, was sie leider irgendwie nicht überlebte. Die „gespendeten“ Organe wurden ins Ausland verkauft und mit dem Fleisch kochten sich die treuen Kameraden einen schönen Eintopf.
„So,“ quiekte der Kaiser von Zamonien, nachdem sich alle gesättigt hatten, und zog eine Schelllack-Platte aus seinem blutbespritzten, ehemals weißen Kittel, „welchem Schwachkopf schicken wir die nächste heiße Scheibe?“
Und wenn sie nicht gestorben sind, kriegst vielleicht Du schon morgen ein geheimnisvolles flaches Päckchen.
Ich hoffe, Du besitzt ein Grammophon.

ENDE

Re: Rrring frei zur Märchenrunde

Verfasst: Mi 12. Okt 2022, 07:45
von Andray DuFranck
DIE HÖCHST DEPRIMIERENDE GESCHICHTE VON RAFUNZEL MIT DEM FEUERZEUG (Teil 1)
Es war einmal und ist nicht mehr in dem schönen Städtchen Kleinkornheim ein Mägdelein, das hieß Rafunzel und war weit und breit. Äh… weit und breit berühmt für seine Schönheit und Anmut, wollte ich sagen. Rafunzel hatte, wie alle Kleinkornheimer, eine Vorliebe fürs gesellige Brennen bzw. Abfackeln und so erhielt sie auch zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag von ihrer Patin, der Guten Fee, ein eigenes Feuerzeug. Natürlich ein „IMPERIAL“ von ZICKO, der Marke für Kenner, denn ob Norden, Süden, Osten oder Westen, ZICKO Feuerzeuge sind die besten. Darum kauft ZICKO-Feuerzeuge, Leute, oder ihr werdet verflucht und müsst sterben. Das war die Werbung.
Zurück zu Rafunzel. Eigentlich war sie schon seit ihrer Sandkisten-Buddelzeit verliebt in den jungen Sulfur Brandenburg, aber der hatte es bisher nur zum erfolglosen Freien Schriftsteller gebracht und kein Geld, um eine Familie zu ernähren. Also überlegte sich das Mädel, ob es sich nicht an den wegen seines Riesenzinkens allseits verspotteten, aber stinkereichen Nobel-Schröder heranmachen sollte, der täglich mehrmals mit seinem hochgezüchteten goldfarbenen Ochsenkarren durch die Ortschaft brauste und vergeblich nach willigen „Mitfahrerinnen“ Ausschau hielt. Rafunzel hatte sich jedoch nie getraut, ihm am Straßenrand stehend zuzuwinken, daher hatte er sie bisher auch noch nicht wahrgenommen.
Da traf es sich prächtig (Zufälle gibt’s), dass der Bürgermeister von Kleinkornheim, eine Haifischmade namens Urbatz Knief, in diesem Moment beschloss, einen großen Heiratsmarkt zu veranstalten, um den örtlichen Tourismus ein wenig anzukurbeln (und natürlich auch, um seine eigenen Taschen zu füllen. Typisch Haifischmade eben). Er ließ riesige Werbeplakate anschlagen und sandte Einladungen an alle Prinzen, Gecken und reichen Volltrottel der Umgebung. Sogleich begannen die unverbandelten Weibsbilder des Ortes und des näheren Kontinents in die Stadt zu strömen wie die Kakerlaken in den Stollentroll-Wohnstollen, um sich einen feschen, gut situierten Lebenspartner abzugreifen. Selbstverfreilich erfuhr auch Rafunzel von der ganzen Chose und legte sich fix einen Schlachtplan zurecht.
Sie peilte das in der Stadtmitte gelegene Luxushotel „Dauerbrenner“ an in der Absicht, es zum rechten Zeitpunkt in Brand zu setzen, dann den Bewohner der teuersten Suite aus dem flammenden Inferno zu retten und so eine (zumindest zeitweise) Beziehung mit Aussicht auf Erbe oder saftiger Scheidungsabfindung in die Wege zu leiten.
Ach du liebes Lieschen. Darf die das überhaupt?
Und wie heißt Rafunzel eigentlich mit Nachnamen? Adresse? Telefonnummer?
Wird es in dieser Geschichte ein Wiedersehen mit dem Gestiefelten Kater geben?
FORTSETZUNG FOLGT


DIE HÖCHST DEPRIMIERENDE GESCHICHTE VON RAFUNZEL MIT DEM FEUERZEUG (Teil 2)
Leider waren noch nicht allzu viele Prinzen, Gecken und reiche Volltrottel im Hotel „Dauerbrenner“ abgestiegen. Um es genauer zu sagen, noch kein einziger. Die davorstehende Menge an unverheirateten weiblichen Daseinsformen nahm jedoch bereits einen beängstigenden Umfang an. Dies galt auch für die sich schnell entwickelnden Reiber- und Zickereien, mit der die Damen versuchten, potenzielle Konkurrentinnen zu vertreiben und ihre eigenen Chancen auf den großen Fang zu verbessern. Offensichtlich vergeblich, denn die Stimmung war innerhalb weniger Minuten bereits auf dem Siedepunkt angelangt. Und da wir gerade von „Siedepunkt“ sprechen…
Kaufen Sie Prof. Dr. Abdul Nachtigallers neuen Turbo-Tauchsieder. Heiße Brühe in kürzester Zeit. Verlässlich und energiesparend. Keine Zamonierin sollte ohne Prof. Dr. Abdul Nachtigallers neuen Turbo-Tauchsieder sein. Ob Norden, Süden, Osten oder Westen, Nachtigallers Tauchsieder sind die besten. Darum kauft Nachtigallers Tauchsieder, Leute, oder ihr werdet verflucht und müsst sterben. Das war die Werbung.
Zurück zu Rafunzel. Da ihr ach so genialer Plan zunächst undurchführbar erschien, musste sie sich wohl oder übel etwas anderes überlegen. Was ihr nicht schwerfiel, denn sie war ja ein cleveres Mädchen.
„ACH DU HEILIGE SCHEIßE!!! IM SCHUH-CENTER AUF DER TATZENINSEL IST RADIKAL-AUSVERKAUF! DAS ZEUG WIRD PRAKTISCH VERSCHENKT! WAS MACH ICH BLOß? WAS MACH ICH BLOß?“
Es wird erzählt, dass sich die Staubwolke auch Tage später nicht senkte.
Keuchend und nach Luft ringend von der Schreierei stand Rafunzel mutterseelenallein auf dem Platz vor dem Hotel. Aber wie sollte sie nun an die begüterten Heiratskandidaten kommen? Auch das fiel ihr nicht schwer, denn sie war ja, wie schon gesagt, ein cleveres Mädchen. Einige Stunden später prangte auf jedem erreichbaren Werbeplakat der eiligst daraufgepappte Zettel:
„MIT GROßER RAFUNZEL-STRIP-SHOW!“ Sex sells.
Nun war Rafunzel natürlich nicht gewillt, sich vor einer Horde notgeiler Mannspersonen nackig zu machen. Darum griff sie zu einer kleinen List. Da noch kein Auswärtiger wusste, wer „Rafunzel“ eigentlich war, konnte sie eine auf der Durchreise zum Jahrmarkt von Wolperting befindliche Berghutze namens Fredda überreden, als Ersatz für sie selbst einzuspringen, falls es zum Äußersten kommen sollte.
Mittlerweile waren nämlich, als Reaktion auf die „erweiterten“ Plakate, etliche potenzielle Heiratskandidaten eingetroffen und buchten fleißig ganze Hotelsuiten, um das gemeine Volk und vor allem die (leider nicht mehr anwesenden) Damen möglichst schwer zu beeindrucken.
Erleben wir hier auch den Tod des Märchenprinzen?
Wird Fredda sich vor der Strip-Show kahlrasieren lassen?
Wo bleibt der Gestiefelte Kater???
FORTSETZUNG FOLGT


DIE HÖCHST DEPRIMIERENDE GESCHICHTE VON RAFUNZEL MIT DEM FEUERZEUG (Teil 3)
Na dann los, Rafunzel. Wie fackelt man denn nun am besten ein Hotel ab?
„Man nehme eine Flasche Primasprit (ich empfehle den Kleinkornheimer „Rachenputzer“), stopfe einen alten Lappen in den Hals und… Halt! Stopp! In den Hals der Flasche, nicht in den eigenen Hals, du Trottel! Dann setze man das Tuch in Brand (schade um den Suff) mit diesem formschönen Feuerzeug Marke ZICKO „IMPERIAL“, dem Besten, was es am Markt gibt…“
Klick…
Klick-Klick…
Klickklickklickklickklick…
Tja, das kommt davon, wenn man statt der Original ZICKO-FLINTS Feuersteine aus dem Super-Sonderangebot einer durchreisenden Hökerwelle erwirbt. Darum nur ORIGINAL ZICKO-FLINTS, damit Sie jedem jederzeit Feuer geben können. Ob Norden, Süden, Osten oder Westen, ZICKO-FLINTS sind die besten. Darum kauft ZICKO-FLINTS, Leute, oder ihr werdet verflucht und müsst sterben. Das war die Werbung.
Rafunzel glotzte das kaputte Feuerzeug verdrossen an. Das Teil war doch angeblich nigelnagelneu, erst gestern hatte sie es geschenkt bekommen. Also nix wie los zum ZICKO-Service-Center (das war praktischerweise gleich um die Ecke) und reklamieren.
„Eine Reklamation? An einem ZICKO-Feuerzeug? Das kann gar nicht sein!“ blaffte das kleine, grüngraue, warzige Männlein, das hinter der Theke hockte. „Wo ist die Kaufquittung in fünffacher Ausfertigung? Haben Sie auch die Bedienungsanleitung genauestens befolgt? Vor der Erstbenutzung das Gerät 23mal schütteln. Steht auf Seite 127, Absatz 14. Haben Sie das wirklich gemacht? Nicht 22 oder 24mal? Und dazu keine Kaufquittung? Oje-oje. Dann verfällt natürlich die Garantie. Das gilt insbesonders auch für den Fall, dass Sie keine Originalteile verwenden. Was für Stümper müssen das sein, die denken, sie könnten unsere Qualitätsprodukte benutzen, ohne vorher die Bedienungsanleitung zu lesen. Tut mir leid, Gnädigste, da kann ich überhaupt nichts mehr machen.“
„Bedienungsanleitung? Das war ein Geschenk meiner Patin, der Guten Fee. Es lag in einem güldenen Kästlein, aber da war keine Bedienungsanleitung dabei.“
„Tja, da haben wir den Salat. Dann fragen Sie die Dame doch mal, wo sie den Wälzer und die Kaufquittungen hinverschlampt hat. Und am Feuerzeug müssen wir wegen unsachgemäßer Behandlung natürlich einen Reset durchführen, das kostet Sie nur 2000 Pyra, kähä.“
„2000 Pyra? Ach du grüne Sieben. So viel habe ich nicht!“
Das Männlein verzog missbilligend den Mund. „Dann verpiss dich, du arme Proletin! Zeiten sind das, wo man gezwungen ist, mit solchem Gesocks zu kommunizieren, das sich nicht einmal die Reparaturpreise für ein ZICKO-Qualitätsprodukt leisten kann! Raus hier! Raus!!! Und nimm das verfluchte Feuerzeug mit! Wahrscheinlich ist es eh eine Fälschung oder Du hast es irgendwo mitgehen lassen.“
Verstört trat Rafunzel den Rückzug an. In ihr wuchs die Wut auf die Gute Fee. Mit der musste sie gleich mal ein Wörtchen reden. Also nix wie los zur Winkelgasse, wo die Dame einen Laden für Flitter und Flatter betrieb.
Zornig stürmte Rafunzel ins Geschäft. „Was hast du mir da für einen Mist zum Geburtstag geschenkt?“ begann sie noch recht freundlich. „Das hast du wohl auf dem hiesigen Klohmarft… äh Flohmarkt abgegriffen!“
Das Gesicht der Guten Fee lief puterrot an. „Ja, äh, du musst verstehen, das war so…“ wand sie sich. „Ich musste unbedingt diesen verkilzten Kloffati haben und danach war nicht mehr genügend Geld übrig…“
„Dann gib mir sofort was Anderes, das zündet. Ich hab‘ noch ein Hotel niederzubrennen, weißt du!“
„Wollen mal sehen, was da noch in der Restekiste liegt“ brummte die Patin und begann unter dem Tresen zu wühlen.
Ob sich da was Brauchbares in der Bückware findet?
Warum kam mir das kleine warzige Männlein so bekannt vor?
Und vor allem… wie geht es eigentlich dem Fönig?
FORTSETZUNG FOLGT


DIE HÖCHST DEPRIMIERENDE GESCHICHTE VON RAFUNZEL MIT DEM FEUERZEUG (Teil 4)
„Wie wäre es mit diesem toten vertrockneten Eichhörnchen hier?“ meinte die Gute Fee. „Du könntest es anzünden und als Fackel verwenden.“
„Nee,“ lehnte Rafunzel entschieden ab. „Stinkt.“
„Dann vielleicht dieser kleine grüne Drache. Kann Feuer spucken.“
„Nix, den kenn ich! Der will Feuerwehrmann werden. Unbrauchbar.“
„Verdammt, bist du aber anspruchsvoll. Phosphorgranate? Napalmtank? V2-Rakete?“
„Bleib mir weg mit dem Kriegsspielzeug! Du bist wirklich die unfähigste Gute Fee, die ich kenne.“
„Und die einzige.“
„Haste auch wieder Recht.“
„Hey, wie wäre es mit dieser roten Spezialpaste? Hat ein gewisser Doktor Bakterius erfunden. Geht in Flammen auf, sobald sie mit Wasser in Berührung kommt.“
„Das klingt schon besser. Kann ich ja mal ausprobieren.“
„Dann nimm sie und mach Dich vom Acker. Ich muss mich schließlich um die zahlende Kundschaft kümmern.“
„Wo siehst Du hier zahlende Kundschaft?“
„Könnte ja jede Sekunde eintrudeln, wart‘s nur ab.“ Und da wir gerade vom „Warten“ reden…
Kaufen Sie Prof. Dr. Abdul Nachtigallers Wartezeitvernichter. Das neueste Gadget für alle Ungeduldigen. Knopfdruck genügt - Stunden schmelzen zu Sekunden, Tage zu Minuten. Nie mehr lästiges Däumchendrehen und Schäfchenzählen. Im Auftrag der „Grey Men Company“ entwickelt – Die lästige Zeit verschwindet einfach spurlos. Kein Zamonier sollte ohne Prof. Dr. Abdul Nachtigallers neuen Wartezeitvernichter sein. Ob Norden, Süden, Osten oder Westen, Nachtigallers Wartezeitvernichter sind die besten. Darum kauft Nachtigallers Wartezeitvernichter, Leute, oder ihr werdet verflucht und müsst sterben. Das war die Werbung.
Just in diesem Moment steckte ein bereits ergrauter Wolterke mit einem goldenen Stirnband den Kopf in den Laden. „Weiß hier irgendjemand, wann und wo genau die große Strip-Show stattfindet? Oder zumindest, wo sich diese Rafunzel befindet?“ fragte er sabbernd. Das ach so begehrte Mädel verdrückte sich schleunigst in eine dunkle Ladenecke und versuchte verzweifelt, der Guten Fee durch Zeichen zu signalisieren, sie möge doch bitteschön Unwissenheit vortäuschen.
„Rafunzel? Kenn ich nicht. Gibt’s hier nicht. Nie gesehen.“ log die Dame und wunderte sich, dass ihre Nase länger wurde. „Rafunzel, könntest du bitte damit aufhören, den Zeigefinger so vor den Mund zu halten und ständig ‚Schhhhhhh‘ zu machen? Danke.“
Glücklicherweise war der Wolterke bereits enttäuscht wieder abgezogen.
Die Gute Fee steckte Rafunzel die Tube mit der Feuerpaste in die Handtasche und schob sie mit einem herzlichen „Auf Wiedersehen, aber nicht so bald“ zur Tür hinaus.
Inzwischen hatte der Bürgermeister Urbatz Knief so seine eigenen Probleme.
Erstens wimmelte die Stadt zwar wie erhofft von solventen Heiratskandidaten, aber die wuselten nur hektisch in den Straßen und Gassen umher auf der Suche nach einer angeblich hier stattfindenden Strip-Show (wovon die Haifischmade keine Ahnung hatte) und waren nicht gewillt, sich in Kniefs „Cafè der Einsamen Herzen“ von den extra dafür eingestellten professionellen Animateusen die platinenen Pyras aus den Taschen ziehen zu lassen und durch den Kauf überteuerter Mixgetränke die hiesige Wirtschaft (und vor allem Kniefs Geschäft) in Schwung zu bringen.
Zweitens hatte es vor einer guten Stunde einen unerklärlichen Run vorzeigbarer Frauenspersonen zur Tatzeninsel gegeben, was zwar die ortsansässigen Rikschadämonen freute, Knief aber, da er deren Gewerkschaft nicht kontrollierte, kein lausiges Pyralein Gewinnbeteiligung eingebracht hatte. Und dem allseits angepriesenen Heiratsmarkt war es auch nicht gerade zuträglich.
Urbatz Knief musste sich also schleunigst etwas einfallen lassen…
Was hat die olle Haifischmade da nur wieder Übles im Sinn?
Wird Rafunzel ihren brandheißen Plan jetzt endlich in die Tat umsetzen können?
Wenn schon der Gestiefelte Kater in diesem Märchen nicht vorkommt, kriegen wir dann wenigstens was von Batman zu lesen?
FORTSETZUNG FOLGT


DIE HÖCHST DEPRIMIERENDE GESCHICHTE VON RAFUNZEL MIT DEM FEUERZEUG (Teil 5)
Wenn es ums Geldverdienen geht, hat eine Haifischmade immer die besten Ideen.
Ein Wettbewerb um die Krone als Kornbrandkönig bzw. -königin musste her. Ein Mega-Event, bei dem man auf den Sieger WETTEN konnte. Und das bedeutete: Hochkonjunktur für Urbatz Kniefs Wettbüros.
Nach einigen Stunden erfolgloser Rafunzel-Sucherei waren die meisten „Geldsäcke“ erschöpft und lechzten nach etwas Abwechslung. Das nutzte der Bürgermeister selbstverständlich schamlos aus. Zu Billigpreisen angeheuerte Lohnsklaven verbreiteten die Botschaft vom anstehenden Großereignis per „Flüstertüte“ in der gesamten Stadt. Und natürlich ließen es sich etliche der Angereisten nicht nehmen, sich selbst auch als Gladiatoren aufstellen zu lassen, allen voran der äußerst gutaussehende Prinz Detlef von Schönchen-Raizfoll, der seinen geölten muskulösen Oberkörper gerne einer breiten Öffentlichkeit präsentieren wollte.
Mit den Damen sah es hingegen nicht so toll aus. Wie bereits berichtet, waren die meisten gutaussehenden weiblichen Daseinsformen auf dem Weg zur Tatzeninsel, was Urbatz Knief dazu veranlasste, auch nicht-ortsansässige Kandidatinnen zu akzeptieren bzw. von seinen Schlägertruppen zur Teilnahme drängen zu lassen. Und da diese äußerst gründlich arbeiteten, standen bald auch Rafunzel, die stark behaarte kreischende Berghutze Fredda und drei Schrecksen, die eigentlich auch nur zum Wolpertinger Jahrmarkt wollten, auf der Liste. Und da wir gerade von Schrecksen reden…
Kannst du vor Sorgen nächtens nicht mehr ruhig ruhn?
Willst Du mal gerne einen Blick in Deine Zukunft tun?
Schick eine Flaschenpost
Null-Hundertneunzig-Ost
Sechs-sechs-sechs eins-zwei-drei
Und Du bist mit dabei.
Ja heute hast Du Glück
Lehn Dich entspannt zurück,
Dann sind wir für Dich da:
Chch, Popsipil und Noppes Pa.
Also engagiert schleunigst die Drei Schaurigen Schrecksen, Leute, oder ihr werdet verflucht und müsst sterben. Das war die Werbung.
Bereits am frühen Nachmittag desselben Tages wurden die König*inn*en*skandidat*inn*en (es lebe das Gendern) ins Kleinkornheimer Dreschplatzstadion getrie… äh… geführt, um sie dem Zuschauervolk zu zeigen und die ersten Wetten anzunehmen. Was dazu führte, dass Urbatz Knief an diesem Abend anstatt in Prickelwasser in Schampus baden konnte. Wie erwartet war Detlef von Schönchen-Raizfoll Favorit in der Herrenriege, während sich die äußerst robuste Fredda wegen ihrer rohen Körperkräfte als Top-Kandidatin der Damen etablieren konnte. Aber dann kreuzten sich die Blicke von Detlef und Rafunzel, wie es in schlechten Liebesschnulzen so gerne heißt, und es war mit einem Schlag um die beiden geschehen. Lichter blinkten, Sirenen heulten, Herzen brannten und Feuerwerk explodierte, bis der Bürgermeister dem Treiben der Ultras in den Zuschauerrängen Einhalt gebot und die Tröten, Raketen und Bengalos konfiszieren ließ.
Rafunzel erkannte instinktiv: wenn sie überhaupt eine Chace haben wollte, sich den begehrten Jüngling zu schnappen, musste sie Kornbrandkönigin werden. Und das bedeutete, dass sie sowohl Fredda, als auch die drei Schrecksen, als auch das (glücklicherweise nur kleine) Feld der anderen Bewerberinnen hinter sich lassen musste. Keine einfache Aufgabe, aber Rafunzel war ja, wie bereits mehrfach betont, ein cleveres Mädchen. Und ehrgeizig. Und völlig skrupellos war sie auch. Also beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Männerhatz.
Und da erklangen auch bereits die Fanfaren zum Start der ersten Disziplin…
Langstrecken-Sackhüpfen? Zwergenwerfen? Löcher-in-die-Luft-starren?
Hey! Ich möchte gerne auf Rafunzel und Detlef wetten. Irgendwie hab ich‘s im Urin, dass die Beiden gewinnen könnten. Wo ist hier das nächste Wettbüro?
Habe ich da nicht gerade Batman unter den Teilnehmern gesehen?
FORTSETZUNG FOLGT


DIE HÖCHST DEPRIMIERENDE GESCHICHTE VON RAFUNZEL MIT DEM FEUERZEUG (Teil 6)
„Der erste Wettbewerb heißt ‚TORTENSCHLACHT‘!“ brüllte eine Rasende Mänade, die sich als Ansagerin versuchte, ins Megaphon. „Auf „Drei“ wetzen alle los, schnappen sich Torten von den Tischen da drüben und schmeißen sie sich gegenseitig ins Gesicht… oder irgendwo anders hin. Wer nach drei Minuten noch am saubersten ist, gewinnt. Die Wertung erfolgt getrennt nach Männlein und Weiblein. Achtung, ich zähle: DREI!!! Nein! Nein! Ihr Idioten! Die Torten da hinten meine ich! Das da ist doch das kalte Buffet für die VIP-Gäste! Schmeißen, nicht essen! Hey, das hat viel Geld gekostet! Das ist MEINE Lachsschaumspeise, mein Herr! Lassen Sie gefälligst ihre gierigen Finger da… ach… eh zu spät.“
Rafunzel spurtete flink zum Kuchentisch, schnappte sich die größte Schwarzwälder Kirschtorte, wich geschickt einem tieffliegenden Puddingteilchen aus und KLATSCH! „Das kriegst du nie wieder aus Deinen Haaren raus, Fredda!“ kischerte sie. Ein Streifschuss an der Schulter durch eine pappige Käsesahnetorte riss sie aber schnell wieder aus ihrer Euphorie. Zum Glück war nur wenig Creme hängen geblieben. Sie hielt sich so gut wie möglich von einem Knäuel aus Männerleibern fern, dessen Bestandteile durch Massen von Fondant und Zuckerstreuseln nicht mehr auseinander zu halten waren. Aber noch waren viele Kämpfer*innen kaum verschmutzt. Das musste man ändern.
Unsere Heldin sprang über eine Absperrung und ergriff die Schüssel mit der Süßkirschenbowle. Mit viel Schwung verteilte sie den Inhalt über die Raufenden.
„Das hab‘ ich kommen sehen“ stöhnte eine triefnasse Schreckse, aber es war unmöglich zu erkennen, ob es sich um Chch, Popsipil oder Noppes Pa handelte. Und da wir gerade von dreckiger Kleidung reden…
Kaufen Sie Prof. Dr. Abdul Nachtigallers neues Waschmittel „Nightblack“ und Ihre dreckige Wäsche wird so schwarz, dass kein Fleck mehr darauf sichtbar ist. „Nightblack“ verschluckt den Schmutz wie ein Schwarzes Loch. Kein Zamonier sollte ohne Prof. Dr. Abdul Nachtigallers neues Waschmittel „Nightblack“ sein. Ob Norden, Süden, Osten oder Westen, Nachtigallers Waschmittel sind die besten. Darum kauft Nachtigallers „Nightblack“, Leute, oder ihr werdet verflucht und müsst sterben. Das war die Werbung.
Zur gleichen Zeit im Büro des Bürgermeisters:
„Chef, Chef, Katastrophe! Die Gladiatoren haben den Kuchentisch und das teure Kalte Buffet für die VIPs völlig verwüstet. Das ganze gute Essen ist ungenießbar!“
„Hm. Ärgerlich. Wenn ich später mal einen Bestseller über dieses Event schreibe, werde ich ihn ‚Die Hungerspiele‘ nennen. Ist denn wirklich nichts Koch- oder Bratbares mehr aufzutreiben?“
„Äh… naja… Panem Palimpalim hat da noch eine alte Truthähnin…“
„Gebongt. Die reißen wir uns unter den Nagel und verarbeiten sie zu Geflügelpastete. Das wäre dann also ‚Die Pute von Panem‘. Klingt auch nicht schlecht.“
„Ey, Du hast doch immer die genialsten Ideen, Boss.“
„Deswegen bin ich ja auch der Bürgermeister und Du nur der Hannes. Und jetzt raus hier, Truthuhn schlachten!“
„Wird gemacht, Boss!“
Im Dreschplatzstadion hatte gerade die Trillerpfeife des nattifftoffischen Schiedsrichters die erste Disziplin beendet (was die Schreckse Chch nicht daran hinderte, ihm die letzte verbliebene Cremeschnitte auf die dicke Elchnase zu klatschen).
Bei den Herren siegte erwartungsgemäß Detlef von Schönchen-Raizfol, der sich gleich zu Beginn des Kampfes bis auf einen (äußerst schmalen) Tanga entkleidet hatte und an dessen öligem Körper keinerlei Zuckerwerk haften geblieben war. Rafunzel hatte sich extrem sauber gehalten und wurde daher zur Gewinnerin in der Damengruppe erklärt. Beim Verkünden ihres Namens ging ein Raunen durch die größtenteils männliche Zuschauerschaft und viele Anwesende feierten sie mit begeisterten Pfiffen und „Ausziehn! Ausziehn!“-Sprechchören.
„Im Anschluss erfolgt sofort die zweite Disziplin: SCHLAMMCATCHEN!“ schrie die Ansagerin unter dem Jubel des Publikums. „Rollt die Große Suhle herein!“
Werden da die anwesenden Schweinsbarbaren noch widerstehen können?
Wie hat eigentlich Batman abgeschnitten? Ach, das war gar nicht Batman, sondern eine Haselhexe mit einer Ledermausmaske?
Welche Shampoomarke wird Fredda verwenden, um ihre Haare wieder sauber zu kriegen?
FORTSETZUNG FOLGT


DIE HÖCHST DEPRIMIERENDE GESCHICHTE VON RAFUNZEL MIT DEM FEUERZEUG (Teil 7)
Auf Anweisung des Bürgermeisters wurde jetzt ein riesiges transportables Schwimmbecken ins Stadion geschoben, bis obenhin gefüllt mit köstlichster kackbrauner, schleimiger Schlampampe. Hmmmmmm.
„Hinein ins Vergnügen!“ schrie die Rasende Mänade und schwenkte ihre „Flüstertüte“ wie eine Wahnsinnige. „Ich zähle wieder. Bei „Drei“ dürft ihr loswetzen und euch im Dreck suhlen, aber nicht früher. Wer vorher rennt, wird disqualifiziert! Alles ist erlaubt. Last man/ woman/ diverse standing gewinnt das Spielchen. Wer absäuft, hat selber Schuld. Achtung… ich zähle. Eins…“
Da war ein Großteil der Teilnehmer schon losgerannt, weil sie, wie beim ersten Mal, einen Trick befürchteten. Pech für sie, denn kräftig gebaute Blutschinken schnappten sie im Nacken mit dem Karnickel-Fang-Griff und zerrten sie zur Seite.
„Zwei!“ zählte die Ansagerin. „Zwei einhalb!“
Böse Falle. Und diesmal hatte Rafunzel die Nerven verloren. Nur ein Schritt… aber ein Schritt zu viel. Sie war raus. Fredda neben ihr lachte hämisch und stieß ein triumphierendes Kreischen aus. Denn jetzt hieß es tatsächlich „Drei!“ und sie hatte alle Trümpfe in der Hand.
Da wurde wirklich etwas geboten. Eine zuckergussbeschmierte, strubbelhaarige Berghutze, die noch dazu mit Adrenalin vollgepumpt und durch ihre Niederlage beim ersten Wettkampf äußerst gereizt war, in Aktion zu sehen, ist nur wenigen Daseinsformen vergönnt. KA-PLATSCH landete sie mitten zwischen den Kontrahenten. Vorher aber ergriffen Chch, Popsipil und Noppes Pa mit einem gemeinsamen „Da kommt was Schlimmes auf uns zu“ gerade noch rechtzeitig die Flucht, schnappten sich ihre Schrecksenwerkzeuge und wurden zeitlebens nicht mehr in Kleinkornheim gesichtet.
Da wir gerade von ‚Die Flucht ergreifen‘ reden: möchten Sie nicht auch einmal dem grauen Alltag, dem bescheuerten Ehegespons und den verzogenen Blagen entfliehen?
Komm doch
Mit auf den Hutzenberg.
Denn dann
Fühlst du dich wie ein Zwerg.
Hier ist die Luft noch klar und rein,
Der Service toll, die Preise klein,
Im Zwerghotel "Am Hutzenstein".
Gönnen Sie sich Ihren wohlverdienten Urlaub. Erfahrene Touristen schwören auf den Komfort und die herzliche Bewirtung im Zwerghotel „Am Hutzenstein“, das seit acht Generationen von der Familie Jǿhnsǿn geführt wird. Ob Norden, Süden, Osten oder Westen, im „Hutzenstein“ lebt sich’s am besten. Darum bucht den Urlaub im „Zwerghotel am Hutzenstein“, Leute, oder ihr werdet verflucht und müsst sterben. Das war die Werbung.
Und nun zurück zum Schlammcatchen.
Da es dem Geschichtenonkel nicht möglich ist, die Schönheit und Eleganz des gerade ablaufenden Spektakulums in adäquate Worte zu kleiden, hier ein Ausschnitt der Live-Berichterstattung des Zamonischen Rundfunks direkt aus der Dreschplatz-Arena:
„Wumm – Zack – Platsch – Spritz – Gluck-gluck –Aua! – Klatsch – Lass meine Nase los! – Da hastu! – Klatschklatsch – Gluckgluckgluck – Spratz – Nimm die Hand aus meiner Hose, du Ferkel! - Auwei – Spritz – Zack – Okay, kannst sie drin lassen - Klatschediklatsch – Hey, das ist MEIN Toupet! – Zack – Stups – Würg – Igitt, ich hab Schlamm im Mund – Schmeckt eigentlich ganz lecker – Plumps – Schlürf, schlürf – Das krieg ich ja nie wieder sauber – Pflupp – Ich gebs auf – Arrrgh – Schiri! Die Hutze BEISST! – Unfair! – Blub Blub – Du oder ich, das ist hier die…Klatsch – Gurgel – Ich bin auch raus – Uarrrrgh – Willst Du mich heiraten? – Schatzi! – Wir sind dann mal weg – KREIIIIIIIIISCH!!!“
Erneut gewann bei den Herren der ansehnliche Detlef von Schönchen-Raizfol, der sich auf Grund seines täglichen Fitnesstrainings und seiner jugendlichen Kräfte am längsten hatte auf den Beinen halten können. Und die Siegerin bei den Damen war – Fredda!
Damit würde es auf die dritte und letzte Disziplin ankommen, denn Rafunzel war jetzt wieder im Rennen und nicht gewillt, der Berghutze kampflos den Thron zu überlassen. Diejenige der beiden, welche am besten abschnitt, würde Kornbrandkönigin werden. Für Prinz Schönchen war schon alles gelaufen, ihm konnte man die Krone nicht mehr nehmen, da er bereits zwei Siege in der Tasche hatte.
Im Stadion wurde es mäuschenstill, als die Mänade erneut das Wort ergriff. „Dreimal hoch unserem neuen Kornbrandkönig! Hoch! Hoch! Hoch!“ skandierte sie. „Aber wer wird seine Königin? Das entscheidet sich jetzt beim HAARVERLUST!
Die Regeln sind simpel. Jede Teilnehmerin spendet so viel von ihrem Haar für die ‚Aktion Kahlköpfiger Schweinsbarbar‘, wie sie will. Auf die Haarwaage damit! Wer am meisten spendet, gewinnt. Und um das Ganze spannender zu gestalten, findet das Schnippeln hinter diesem Wandschirm statt.“
Im Publikum entstand Geraune und Gemurre. Einzelne ‚Ausziehn! Ausziehn!‘- Rufe waren zu hören. Alle teilnehmenden Damen begaben sich darum schleunigst hinter den Sichtschutz.
Ihr glaubt wirklich, dass jetzt folgt: „Und wer wird wohl die Gewinnerin“? Na, ihr habt Nerven. Nie im Leben.
Was ist aus der Haselhexe mit der Ledermausmaske geworden? Lebt die noch?
Warum kommen nach jedem Kapitel immer so drei boofe Fragen?
FORTSETZUNG FOLGT


DIE HÖCHST DEPRIMIERENDE GESCHICHTE VON RAFUNZEL MIT DEM FEUERZEUG (Teil 8)
Das Feld der Konkurrenz war nun nicht mehr sehr groß. Nach dem Schlammcatchen hatten die meisten der Damen heulend aufgegeben und waren schnurstracks zunächst unter die Dusche und dann zu ihren Visagisten geeilt, um sich für den am Abend stattfindenden Abschlussball aufbrezeln zu lassen.
Rafunzel hatte sich entschieden, ihren langen, schweren blonden Zopf, der ihr bis zu den Kniekehlen reichte, zu opfern. Ein Schnitt – ratsch – und fertig war die modische Kurzhaarfrisur. Unbeeindruckt von den Entsetzensschreien aus der Nebenzelle schritt sie zurück in die Arena und warf das Haarteil auf die Waagschale. 3,8 Kilo, das konnte sich sehen lassen. Und da die meisten anderen Gladiatoren schon fortgeschrittenen Alters waren und nur wenige bzw. dünne Haare hatten, sollte ihr der Sieg sicher sein. Aber, wie man so sagt, – zu früh gefreut.
Eine kleine, völlig mit einem Tuch bedeckte Gestalt marschierte hinter dem Paravent hervor. Und sie trug ein geradezu riesiges Paket. Lange, dicke Hutzenhaare, verklebt mit Eiweißschaum, Sahne und Matschepampe. Es gab einen gewaltigen Krach, als das Gebilde auf der Waage landete. Aber noch lauter war der Entsetzensschrei des Publikums, als Fredda (und um diese handelte es sich natürlich) ihre Bedeckung abwarf und ihren völlig kahl rasierten Körper präsentierte. Was interessierte es da noch irgendjemanden, dass die Berghutze mit 15 Kilo Haargewicht die neue Kornbrandkönigin wurde. Alles, was nicht vor Schreck sofort ohnmächtig geworden war, rannte, rettete und flüchtete. Ja, viele, die es hatten mit ansehen müssen, blieben ihr Leben lang traumatisiert und weigerten sich strikt, jemals wieder einen Friseur aufzusuchen. Nur Detlef von Schönchen-Raizfol, avisierter Königsgemahl, stand da wie gelähmt und rührte sich nicht von der Stelle, da seine Beine ihm vor lauter Schreck den Dienst versagt hatten.
„Schade“ meinte Rafunzel zu ihrem Beinahe-Auserwählten. „Das hätte was werden können mit uns beiden.“
„Keine Chance, Schwester“, bibberte Detlev. „Nach diesem Anblick“ (und dabei deutete er auf die haarlose Fredda) „habe ich beschlossen, schwul zu werden. Aber ich sehe gerade, du könntest mir dein Shampoo da leihen, damit ich mir meine schweißnassen Haare waschen kann.“ Damit angelte er die Tube mit der Brandpaste aus Rafunzels Handtasche und rannte davon.
Und das war es dann auch schon mit unserer Geschichte. Wäre noch anzumerken, dass Rafunzel schon bald mit Fredda zum Jahrmarkt nach Wolperting zog, wo sie die Hutze gegen Gebühr in einem Wunderzelt den vergnügungssüchtigen Wolpertingern präsentierte (die hatten auch die besseren Nerven). Und dass unsere Heldin doch ein beträchtliches Vermögen machte, als sie ihre Kameradin gegen eine hohe „Ablösesumme“ an einen gewissen Prof. Dr. Abdul Nachtigaller abtrat. Aber Geld allein macht ja bekanntlich nicht glücklich und so blieb Rafunzel das Liebesglück erst einmal versagt. Was aber nicht heißt, dass wir nicht später noch von ihr hören werden.
Und wenn ihr geglaubt habt, ihr kämt ohne die übliche Werbeeinblendung davon, dann habt ihr euch geschnitten. Denn da wir gerade von Nachtigaller reden…
Besucht Prof. Dr. Abdul Nachtigallers brandneues Schubladenorakel im Wunderzelt. Exklusiv nur auf dem Wolpertinger Jahrmarkt. Zukunftsdeutung auf wissenschaftlicher Grundlage ohne Schmu und Schrecksengetu. Ob Norden, Süden, Osten oder Westen, Nachtigallers Orakel sind die besten. Also besucht Prof. Dr. Abdul Nachtigallers Schubladenorakel, Leute, oder ihr werdet verflucht und müsst sterben. Das war‘s mit der Werbung.
ENDE

Re: Rrring frei zur Märchenrunde

Verfasst: So 30. Okt 2022, 22:18
von Andray DuFranck
Das Märchen vom Filzigen Fogel

Es war einmal eine bereits etwas angejahrte, ehemals wunderschöne Prinzessin, die lebte in einem prächtigen Schloss, war stets lustig und vergnügt und bekam alles, was sie sich wünschte.
Aber trotzdem war sie nicht glücklich, denn sie hatte ein großes Problem: sie konnte nicht weinen.
Selbst der schlosseigene Hof-Pschikologe Sigmund F. konnte ihr nicht helfen.
“Es ist eine Psüschokinohse” konstatierte er nach der drölfzigsten erfolglosen Sitzung. “Das ist angeboren und unheilbar. Hier meine Rechnung.”
Traurig ging die Prinzessin hinaus. Ihr war zum Heulen zumute, aber das konnte sie ja leider nicht.
Als sie nun so deprimiert an ihrem Kammerfenster saß und in die Gegend stierte kam plötzlich, keiner weiß woher (ich auch noch nicht, ihr Vollhonks, das muss ich mir doch erst noch ausdenken) ein hässliches stinkendes Federvieh angeflattert und ließ sich in der Nähe auf einem Ast nieder.Das Vieh räusperte sich und begann zu singen. “Aif bien lukking for friedem...”
Da verwelkten die Blümelein, die Schmetterlinge stürzten ab und die Prinzessin begann zu heulen wie ein Schlosshund.
Das ist bei einem solchen Gejaule nachvollziehbar. Da würden ja selbst die Steine weinen.
Leider dauerte die Show nur wenige Minuten. Nach einem letzten Rülpser erhob sich das Wesen in die Lüfte und entfleuchte. Die Prinzessin blieb (jetzt erneut) fröhlich, aber gefrustet zurück.
Aber, oh Wunder (Zufälle gibts) geschah dasselbe am nächsten Tag zur nämlichen Zeit wieder.
"Bleib hier, du... äh... Dings!" schrie die Prinzessin, als die Vorführung beendet war. "Ich bin nämlich eine Prinzessin und Du hast mir zu gehorchen!"
"Und ich bin der Filzige Fogel, ich gehorche niemandem!" schrie das Tier zurück. "Wenn Du mich besitzen willst, musst Du mich schon fangen." Und weg war es.
Die Prinzessin, die übrigens Elfriede hieß, fasste daraufhin einen mutigen Entschluss. Sie ging in ihr Ankleidezimmer, legte die Aschenputtel-Verkleidung vom letzten Fasching an, packte etwas Marschverpflegung (Pemmikan, Lembas, Champagner) ein und schlich sich aus dem Schloss.
Aber wo sollte sie sich nun hinwenden?
"Immer dem Gestank nach, oh holde Maid" lispelte da ein Maulwurf, der gerade zu ihren Füßen einen großen Haufen machte.
"Danke für den Tipp" meinte die Prinzessin. "Aber könntest du bitte aufhören, in meiner Gegenwart einfach so dreist ins Gelände zu kacken?"
Sie hob die Nase, schnupperte und drehte sich so lange im Kreis, bis ihr schlecht wurde. Ob vom Gestank oder vom Drehen - da bin ich überfragt.
Und dann taumelte sie los. Nach einigen Stunden Marschierens traf sie einen Bauern, der gerade geräuschvoll in einen Kübel kübelte.
"Ist hier vielleicht der Filzige Fogel vorbeigekommen?" fragte sie unverblümt.
"Na klar, Schwester. Was denkst du, warum ich hier rumwürge?" antwortete der Landmann. "Du willst ihn doch nicht etwa fangen?"
"Doch, das will ich."
Der Bauer schüttelte den Kopf.
"Das haben schon viele versucht" meinte er. "Generäle auf der Suche nach neuartigen Waffen, Politiker auf der Suche nach Inhalten für ihre Reden und Perverse auf der Suche nach... aber ich schweife ab. Keinem ist es gelungen."
"Ich werde es schaffen. Das ist eine Sache für taffe Frauen, Männchen können das nicht."
"Eigentlich müsste ich Dir jetzt mit diabolischem Hohngelächter antworten" sagte der Bauer, der übrigens Franz Branntwein hieß, aber das tut nichts zur Sache, weil er in diesem Märchen nie mehr vorkommen wird. "Aber weil du so naiv... äh... mutig bist, will ich Dir ein Geheimnis verraten. Drei Tagereisen gen Osten von hier steht ein Dixi-Klo, da hält der Filzige Fogel auf seiner Tour immer an, um sich zu erfrischen.
Der Hinweis ist übrigens kostenlos. Wenn Du mich jetzt bitte zu Ende reihern lassen könntest…"
So marschierte Elfriede denn los, nach Osten, immer der gelben Ziegelsteinstraße nach. Und gegen Mittag des zweiten Tages kam sie an eine Raststätte, da saß ein niedliches Kätzchen auf dem Boden, das maunzte gar jämmerlich und rieb sich die geschwollenen Hinterpfötchen. Neben ihm standen zwei rotlederne Stiefelchen.
"Keine Chance, Verkaterter Stiefel!" knurrte die Prinzessin. "Mich verarschst du nicht. Glaubst Du etwa, ich lese nicht regelmäßig die Märchenrunde im Zamonischen Literaturforum (viewtopic.php?f=29&t=194), um mich über Deine Schandtaten auf dem Laufenden zu halten?"
"Mist. Mist. Gigamist!" zischte das Kätzchen. "Nun hast Du Dir's mit mir verdorben. Dabei hätte ich Dir so sehr helfen können, den Filzigen Fogel in die Finger zu kriegen."
"Jetzt komm mal wieder runter, du feliner Schowinist" konterte die Prinzessin. "Ich weiß, dass Du's drauf hast. Aber über den Löffel balbieren lass ich mich nicht. Und sollte der Kaiser von Zamonien jetzt noch auftauchen, der kann sich auf einen Tritt ins hornige Gesäß freuen."
"Verflixt!" sagte das am Wegesrand stehende Gebüsch.
Elfriede ignorierte die Stimme. "Jetzt mach mal nicht so ein blödes Gesicht und komm mit" befahl sie dem Kätzchen. "Ich bin nämlich eine Prinzessin, also tu was ich sage!"
"Das wirst du noch bereuen, Mädel!" murmelte Stiefel in seinen Schnurrbart. Aber er fügte sich und trottete hinterher.
Und wirklich erreichten die beiden am dritten Tag eine weite schlammige Ebene, an deren Horizont man das Dixi-Klo deutlich erkennen konnte.
Am Wegesrand war ein weiteres männliches Mitglied der Landbevölkerung damit beschäftigt, Schlammfladen großzügig über noch begrastes Gelände zu verteilen. Es trug eine Klammer auf der Nase, warum, war wohl seine Sache.
"Um welche Zeit können wir mit dem Eintreffen des Filzigen Fogels rechnen, guter Mann?" fragte ihn die Prinzessin.
"Hä?" antwortete der Bauer und nahm die Petersilie aus den Ohren. "Haste was gefragt, Schwester? Hübsche Katze haste da. Taugt die gegen Rheuma?"
Stiefel war schon drauf und dran, seine Schlagringe zu zücken, aber Elfriede hielt ihn zurück.
"WANN-STINKEFOGEL-AUF-DIXI-KLO???" schrie sie den Bauersmann an.
Der schaute auf den Nachtigallerschen Schlau-Zeitmesser am Handgelenk und meinte: "In genau 2 Stunden, 14 Minuten, 3 Sekunden und 77 Millisekunden, Gnädigste.
"Dann sollten wir uns wohl ein wenig beeilen" brummte Stiefel. "Ich muss nämlich mal."
Doch als sie sich ihrem Ziel näherten, dämmerte ihnen, weshalb der Landwirt eine Nasenklammer getragen hatte: Der Gestank wurde nämlich stetig stärker.
"Ich halt das nicht mehr aus" röchelte Elfriede schließlich und plumpste bewusstlos um wie ein Mehlsack. Zehn Schritt vorm Häuschen. Und Stiefel erging es um keinen Deut besser. Sie war nämlich auf ihn draufgefallen.
Als sich dann endlich der Wind drehte und unsere beiden Protagonisten erwachten, war natürlich alles gelaufen: sie hatten den Fogel verpasst. Der sie aber nicht, was die weißen Kleckse bewiesen, die nun ihre Kleidung bzw. ihr Fell zierten.
Stiefel, noch halb erstickt von dem Gewicht der Dame, begann, die Umgebung nach Spuren abzusuchen. Und überraschenderweise (Zufälle gibts in solchen Märchen zuhauf, das wurde bereits betont) hatte er Erfolg.
"Hab einen Maulwurf mit einem Verdauungsproblem getroffen. Nannte sich Kreuzhimmiherrgottverdammtnochamoifiderallala!" berichtete er Elfriede. "Der hat den Filzigen Fogel gesehen. Sagt, er gehöre einem Fönig, der in der Burg da drüben haust. Zu dem kommt er jeden Abend zurück, um ihm ein exklusives Konzert zu geben. Ich denke, da müssen wir als nächstes hin."
"Worauf warten wir dann noch? Schwing die Hufe, Genosse!"
Aber als sie nach einigen wenigen dürren Worten ankamen, sahen sie, dass das Burgtor geschlossen war. Davor stand ein Schild: 'Wegen Frieg mit Kranfreich zurzeit keine Audienzen'.
Upps, es hieß natürlich 'zurzeit feine Audienzen'.
"Das ändert ja alles!" jubelte Elfriede. "Danke, Herr Märchenonkel, dass Ihnen das gerade noch aufgefallen ist."
Sie drückte das Tor auf, marschierte hindurch... und es passierte... nichts.
"Märchenonkel leidet wohl unter Ideenlosigkeit" murmelte Stiefel.
Der Fönig saß allein in seinem großen Thronsaal und langweilte sich fürchterbar. Als Elfriede und Stiefel vor ihn hintraten, schreckte er auf, denn er hatte 'ein Nifferchen gehalten'.
Die Prinzessin erklärte ihre Begehr, woraufhin sich der Fönig erhob und die folgenden Worte sprach:
"Jetzt hör mal auk, hier rumzubetteln, Mädel. Ich hab auch so meine Probleme. Frieg mit Kranfreich und so. Aber ich will ja mal nicht so sein. Wenn ihr Zwei zwei schwierige Aufgaben löst, sei der Kilzige Kogel euer."
"Nur zwei Aufgaben?" murmelte Stiefel. "In solchen Billigmärchen sind es doch normalerweise drei."
"Nee, den Kilzigen Klofatti hab ich schon" meinte der Fönig. "Das fönnt ihr euch sparen. Nun aber hergehörcht. Aukgabe Eins: Bekreit mich von dem Fanaldrachen, der mir hier ständig meine Abwasserleitungen verstokt!"
"Auweia" murmelte Stiefel. "Was für ein Drecksjob".
Prinzessin und Kater stiegen hinunter in den Keller und schauten sich die Sache an. Dicke, massive Bleirohre und nirgends ein Einstieg in Sicht.
"Es hilft nichts" konstatierte Elfriede schließlich. "Keiner von uns beiden ist für diesen Klempnermist qualifiziert und ich weigere mich, mir die feinen Händchen schmutzig zu machen. Wir brauchen Hilfe."
"Heuern wir doch im nächsten Kaff ein paar Söldner an" schlug Stiefel vor.
"Spitzen-Idee. Worauf warten wir noch?"
Glücklicherweise lag das Kuhdorf "Ödloch" gleich um die Ecke. Es bot alles, was ein typisches Fantasy-Abenteuer-Kuhdorf bieten muss: ein paar leicht entzündliche Bauernhäuser, eine Zweigstelle des Zamonischen Rundfunks und eine Kneipe. Was braucht man mehr?
Vor dem Schwarzen Brett "Rent-A-Killer" standen zwei Gestalten, die der erfahrene Stiefel sofort als Söldner identifizierte: ein schwer gerüsteter, relativ intelligent wirkender Schweinsbarbar (huiiii....) und ein Witschwein, offensichtlich dessen Knappe.
Prinzessin und Kater gingen auf die beiden zu und sprachen sie schamlos von der Seite an.
"Sucht ihr Arbeit? Ein Glück für uns, dass noch zwei mietbare Schlagetots zu kriegen sind. Eure Kollegen sind ja alle sicherlich beim Frieg in Kranfreich beschäftigt."
Der Schweinsbarbar glotzte die Prinzessin verständnislos an. "Welcher Frieg?" fragte er. “Nein nein, mein Knappe und ich sind im Urlaub hier und uns ist langweilig. Ich bin übrigens Haxenherz, er da (er zeigte auf seinen Begleiter) ist der brave Wenzislaus. Was ist denn mit euch los? Ihr redet ja schon genauso wie der alte Spinner in der Burg da hinten."
"Ihr meint den Fönig?"
"Nennt er sich jetzt so? Wir kennen den Saufkopp nur als ‘König Pilsener’. Aber seit er das Buch mit dem zamonischen Moerschen bekommen hat, ist er völlig durch den Wind. Ich wette, er hat's nicht mal ganz gelesen" lachte der Schweinsbarbar. "Eigentlich brauchen wir den ollen Zausel garnicht mehr, wir haben ja jetzt einen Kaiser. Der Kerl ist ein harmloser Trottel. Was mich aber richtig nervt ist sein stinkiger Piepmatz, der hier jeden Abend Stimmungslieder grölt und uns den letzten Nerv raubt. Ich gäbe was drum, wenn der endlich verschwinden würde, aber endgültig."
"Bingo. Ihr habt gerade das Große Los gezogen" strahlte Elfriede.
"Gibts was zu killen, Meister?" gierte Wenzislaus von hinten und ein tückisches Funkeln trat in seine Äuglein.
"Euer Knappe zeigt Rauflust, guter Mann" erkannte die Prinzessin scharfsinnig. "Helft uns, einen klitzekleinen Kanaldrachen in seine Einzelteile zu zerlegen, und ich werde euch von der Bürde des abendlichen Krakeelers befreien. Period und Hand drauf."
"Spitzen-Idee. Worauf warten wir noch?"
Weil der Märchenonkel die Geduld seiner Leser/ Hörer nicht unnötig strapazieren will, fanden die Vier den Einstieg in die Kanalisation gleich hinter dem nächsten baufälligen Schuppen.
Jetzt könnte sich so mancher fragen: Wozu braucht solch ein Kuhkaff eine ausgedehnte Schmutzwasserableitung?
Wie gesagt: KÖNNTE. Tut aber keiner. Zum Glück, sonst müsste der Märchenonkel sich wieder so eine dämliche Erklärung aus den Fingern saugen.
Jetzt ist aber Schluss mit dem Gelaber, wir legen einen Zahn zu. Zeitraffer auf AN!
1) Alle schleichen im Gänsemarsch durch den dunklen Gang.
2) Lautes Geschnarche gleich um die nächste Ecke. Der Kanaldrache liegt da und scheint zu schlafen.
3) Wenzislaus kriegt den Killerblick und rennt mit lautem Gebrüll, seinen Fleischklopfer schwingend, auf den Drachen zu.
4) Der wacht selbstverfreilich auf bei dem Mordskrawall.
5) Allgemeines Wehgeschrei.
6) Kopflose Flucht in die falsche Richtung.
7) Der als Drittes rennende Haxenherz befiehlt: 'Wenzislaus, halt mir den A**** frei'
8) HAPPS! Wenzislaus wurde soeben gefressen.
9) Haxenherz setzt seine Geheimwaffe ein: Wotans Rache (und dazu braucht er noch nicht einmal Zauberbohnen)
10) PuuUUUPS!
11) Der Kanaldrache fällt tot um.
12) Siegesjubel unter den Überlebenden.
13) Haxenherz geht sich die Hose waschen.
Zeitraffer auf AUS!
Zehn Minuten später in der Fönigsburg:
"Auftrag erfüllt, Majestät. Und wenn Ihr jetzt noch jemanden findet, der das Vieh da rauszieht, habt ihr für die nächsten Jahrzehnte Drachenburger bis zum Abwinken sowie ein cooles Skelett für Eure Empfangshalle."
"Flasse! Flasse!" jubelte der Fönig. "Dann fönnt ihr jetzt die zweite folossale Aukgabe angehen: Besorgt mir Ersatz kür den Kilzigen Kogel. Am besten ein Trillermännchen vom Klohmarft."

Aus dem Lexikon der Erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und Umgebung von Prof. Dr. Abdul Nachtigaller:
Trillermännchen, das
Winziges, höchst seltenes menschenähnliches Wesen mit wunderbarer Stimme. Wird nur mit speziellen Körnern gefüttert und pfeift dann fröhlich (weiße Körner) oder melancholisch (schwarze Körner) machende Lieder. Ist, wenn überhaupt, nur auf Flohmärkten käuflich zu erwerben.
VORSICHT: Nie beide Körnersorten gleichzeitig füttern, da sonst Totalverlust sowie Anzeige wegen Trillermännchenquälerei durch die Nattifftoffische Rarlebewesen-Aufsichtsbehörde drohen!

Einen Absatz später:
"Verdammt, jetzt laufen wir schon seit acht Stunden auf diesem miesen Mini-Flohmarkt herum und haben immer noch kein Trillermännchen gefunden!" fluchte die Prinzessin höchst undamenhaft.
In diesem Moment fiel ihr Blick auf ein turmhohes, knallbuntes Zelt, vor dem ein Marktschreier mit sich überschlagender Stimme "Trillermännchen zu verkaufen! Hiiiiiiier gibt es die besten Trillermännchen im Umkreis von fünf Klaftern!" skandierte.
"Potztausend!" murmelte Stiefel. "Glück muss man haben."
"Und wenn uns drinnen jetzt gleich der Kaiser von Zamonien über den Weg läuft, kann sich der Märchenonkel auf etwas gefasst machen," ergänzte Elfriede.
Upps. Na gut. Statt des erwarteten Stollentrolls kam ein orientalisch gekleideter, schmieriger Zwiezwerg auf sie zu und warf sofort die Seifenblasenmaschine an.
"Wolle kaufe?" begann er. "Prima Sonderangebot. Tippi-Toppi. Letzte Trillermännchen für heute, sonst alles schon weg. Gaaaaanz billig. Nur zehne Millione Pyra. Schnäppchenpreis. Pfeife wunderscheene Lieder..."
"Zehn Millionen Pyra?" Stiefel wurde blass unter dem Fell. "Hältst du mich für meschugge? Ich wünschte, ich hätte so viel Geld, dann wäre ich jetzt im... äh... woanders!"
Barsch beendete nun die Prinzessin den Redefluss des Verkäufers. "Hör mal zu, du Schleimspacken, dein Gesülze kannst du Dir sparen, wir haben da oben den Lexikon-Eintrag gelesen. Ich brauch die Nachrichten und nicht die Wetterkarte. Was letzte Preis?"
"Zwei Pyra"
"Na, das geht ja gerade noch so."
Elfriede und das frisch erworbene Trillermännchen waren einander sofort sympathisch. Traurig saß das kleine Wesen in seinem Käfig, als sie es dem Fönig überreichte. Aber wenn es um die Fähigkeit zu weinen ging, musste man eben Opfer bringen.
"Dann sei der Kilzige Kogel nun euer!" verkündete der Regent. "Da droben auk der Bergspitze hofft er. Holen müsst ihr ihn euch aber schon selber."
"Kein Problem" meinte die Prinzessin. "Stiefel, bring mir das Vieh."
"Zu Befehl" zischte der Kater durch die zusammengebissenen Zähne.
Der Märchenonkel könnte ja jetzt die gefährliche Klettertour beschreiben, samt herunterpolternder Felsbrocken, wütender Schneestürme, gemeiner Gemsen-Attacken, jodelnder Alm-Öhis und Supervulkanausbrüchen. Er tut es aber nicht. Ihr habt doch genügend Phantasie. Malt's euch selber aus.
Jedenfalls kam er endlich beim Filzigen Fogel an, lächelte glücklich und machte ihn tot.
Tja, Rache ist eben süß.
Den Kadaver warf er den Berg hinunter, der Prinzessin vor die Füße (sie hatte ja nicht dazugesagt, dass sie den Fogel LEBENDIG haben wollte) und machte sich dann auf Nimmerwiedersehn vom Acker.
Elfriede saß da, total gefrustet und hätte gerne geheult, aber das konnte sie ja, wie schon angemerkt, leider nicht.
"Ohne den Fogel schaff ich das nie" jammerte sie.
"Wieso nicht?" wunderte sich der Fönig. "Such Dir doch einkach einen Deiner Skla… äh… Bediensteten, der täglich den Eimer voller roher Zwiebeln in Knoblauch-Chili-Tunke krisst und Dich dann anrülpst, so wie es der Kilzige Kogel immer tat. Das hat bisher noch jedem in hundert Flaktern Umfreis das Wasser in Sturzbächen in die Augen getrieben."
PLUMPS
Tja, das wars dann. Die Prinzessin kehrte in ihr Reich zurück, begann eine intensive Zwiebel-Knoblauch-Chili-Diät (die sie auch ihren Untertanen verordnete) und wenn sie nicht gestorben ist, dann flennt (und stinkt) sie noch heute.
Was aber aus Stiefel, dem Gestiefelten Kater geworden ist und wie er schlussendlich doch noch in den Besitz von 10 Millionen Pyra kam, so wie er es sich gewünscht hatte, das ist ein anderes Märchen und ihr könnt es an anderer Stelle im Zamonischen Literaturforum nachlesen.
Die weiteren wunderbaren Abenteuer des Schweinsbarbaren Haxenherz übrigens auch.

PROST