KORNHEYMER VERSELEYN
(Kornheimer Dichtung durch die Jahrhunderte)
Zusammengestellt von Andray DuFranck
Die ersten Zeugnisse der Kornheimer Ur-Dichtung stammen aus grauer Vorzeit. Auf den sogenannten „Dreschplatzsteinen“ eingemeißelte Markierungen zeigen an, dass bereits die Ur-Kornheimer beim gemeinsamen Ausdreschen des Getreides primitive Lieder sangen, deren Rhythmus die Arbeit erleichtern sollte. Dank der unermüdlichen Arbeit des Lyrologen Spelzer von Kolon (ein entfernter Verwandter des berühmten Obstip von Kolon) war eine Übertragung ins Neu-Zamonische möglich.
Dreschgesang
Bum-di Bum-di Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di Bum-di Bum.
Bum-di Bum-di Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di Bum-di Bum.
Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di Bum-di Bum.
Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di BUM-DI BUM.
(unbekannter Verfasser)
Es folgen Werke aus dem Kornheimer Zu-Früh-Mittelalter, geschrieben in Asbach-Uralt-Zamonisch und (wegen der vielen Wortspiele) leider unübersetzbar. Da diese Zeit von minniglicher Schwärmerei und mannhaftem Rittertum bestimmt war, sind die eben genannten Themen auch in den Dichtungen der Kornheimer Minnedichter deutlich ausgeprägt. Es bleibt ein Drama, dass sich die innere Schönheit des Textes nur dem wahrhaftigen Sprach- und Dichtmeister erschließt (Kähahähä.....upps).
Nar Cornhim
Dez Yhsel mir gahet nar wesengracht
Son hilt by de maer
Urazig nell met winnige Dracht
Salipp daer.
Herzig noh andele dasinsgrond
Pulp arsaline fiction
Lazzt ons mednunder nah Cornhim gan
Met nettige Dron.
(wahrscheinlich Wolterk von der Vogelscheuche)
Bluot an de Ären
Nez wappen ilder Krenn / zau ebla sunder Fehden
By anstalinde henn / nell wonigleyche treden.
Hynan, hynan om brass / allan in glanzig isen,
sewer da digge copp / salipp forun un miesen.
Cher ih dawider jongfer meyn
Sol mine minne deyne seyn.
(auf einem Holzschnitt, der Sperling von Krähwinkel in voller Rüstung darstellt)
Das nächste Gedicht ist das Hauptwerk von Reimbert Reimbolt und entstand auf dem Höhepunkt der Kornheimer Klassik. Die damaligen Dichter überboten sich gegenseitig im Erschaffen möglichst spannender, grausiger und teilweise blutrünstiger Balladen, die den Leser bis zum letzten Atemzug an den Text fesseln sollten. Gleichzeitig waren sie eine Allegorie auf das Leben, das Universum und den ganzen Rest, belehrend, zuckerfrei und aus natürlich-biologischem Anbau ohne Konservierungsstoffe. Es ist ein Wunder, dass sie sich unter diesen Umständen bis heute erhalten haben.
Die Ballade vom Schnitter im Weizen
Gefährlich ist es, durchs Korn zu geh‘n,
Oh, grausig ist‘s unter den Halmen,
Wo dumpfige Düfte durch Dämmerung wehn
Und Kornkäfer Grannen zermalmen.
So redet die Mutter, der Vater, er warnt,
So lehrt es der Pastor fast täglich:
„Kind, wenn dich der Schnitter im Weizen umgarnt,
Dann stürzt und verendest du kläglich.“
Der Knabe, er höret das warnende Wort,
Vergisst es beim Spielen und Singen.
„Oh seht nur die blassblaue Kornblume dort,
ich will sie dem Mütterlein bringen.“
Und wie er sich nähert dem Blumengesicht,
da scheint es hinweg ihm zu schwinden.
„Wo bist du, mein Blümlein, ich sehe Dich nicht,
doch sicherlich werd‘ ich dich finden“.
So dringet er tiefer ins endlose Feld,
verängstigt, verwirrt und verloren,
„Wo seid ihr, ihr Freunde?“ sein Hilferuf gellt,
„Oh wär ich doch niemals geboren.“
„Wo bist du, oh Vater, oh Mütterlein mein
Oh hätt ich auf euch doch gehöret.
Verwünscht sei das lockende Kornblümelein,
es hat mir mein Leben zerstöret.“
Und wie er so irret in Mittages Glast
Vernimmt er ein sirrendes Singen.
„Der Schnitter im Weizen“, so wünscht er es fast,
„Er kommt, um den Tod mir zu bringen.“
Es naht sich der schwingende Schatten bereits,
Der Hoffnung in Herzeleid wendet.
„Herr Schnitter, erbarmt euch des kindlichen Leids,
bevor Ihr mein Dasein beendet.“
Im Fieber der Knabe er staunet und sieht
Die wallenden Schleier sich heben,
Es singet und pfeifet die Hippe ihr Lied,
sie bahnt einen Pfad ihm zum Leben.
Die Mutter entsetzt auf der Schwelle der Tür
Das fiebernde Knäbelein findet.
„Ein Leben als Schnitter gelobe ich Dir“
so spricht`s und der Schatten, er schwindet.
(Reimbert Reimbolt)
Nun einige Gedichte aus der Kornheimer "Blauen" oder "Übergeschnappten" Periode, in der eine Mutterkorn-Epidemie, gepaart mit Ausdünstungen des halluzinogenen Roggenstaubpilzes die Gehirne der Kornheimer Dichter jahrelang vernebelte. Alles war möglich, wenn es nur komisch war (und die Bewohner Kornheims fanden damals wirklich fast alles komisch).
Zwei Hutzen gingen durch das Korn,
die erste hint‘, die zweite vorn.
Wenn Dich die Reihenfölge stört,
betracht‘ sie eben umgeköhrt.
(unbekannter Verfasser)
Ein Wolpertinger von Wolperting
Auf einen Sprung rüber nach Kornheim ging.
Beim Rückweg, schon schwankend,
lallt er, sich bedankend:
„Wes Körnchen ich trink, dessen Lied ich sing.“
(unbekannter Verfasser)
Der fröhliche Bäckermeister
Werfen wir mit Sahnetorten,
Frisch gebacken allerorten.
Kauf drei Dutzend, tu nicht feilschen,
Schau nur da, die Streuselteilchen
Wollen fliegen, wollen klatschen,
Wollen in Gesichter matschen.
Lass uns durch die Krümel waten,
sch****en wir auf die Salaten.
Unser aller Lebenszweck
Ist und bleibt das Feingebäck.
(Bäcker Preez zugeschrieben)
Kommen wir nun zum absoluten Tiefpunkt der Kornheimer Dichtung. Ausgelöst durch die Nachwehen der "Blauen Periode" und den mit dem nachfolgenden mörderischen Kater einhergehenden tiefen Depressionen fand ein Exemplar von Manu Kantimels "Dämonen-Exzessen" rasende Verbreitung in der Kornheimer Oberschicht. Ein junger suizidgefährdeter Kornheimer namens Iljur Bru dichtete die "Schwarzen Verse", versuchte dann, Kleinkornheim anzuzünden und verschwand, jede Menge Leichen zurücklassend, spurlos....man munkelt, ins ferne Tscherkistan. Hier ist sein letztes erhaltenes Gedicht.
Kleines Schwarzkorn Wahnsinn
Kleines Schwarzkorn Wahnsinn,
mir umsonst geschenkt,
werde ich es finkeln,
bis es sich ertränkt.
Bis es wird zur Mordlust,
die mich rasen lässt.
Blutdurst wird für alle, alle
Die in Kornheim sind.
Kleines Brandloch Wahnsinn,
mir umsonst geschenkt,
werde ich es schnackseln
bis es sich erhängt.
Bis es wird zur Flamme
Die mich zündeln lässt.
Brandherd wird für alle, alle
Die in Kornheim sind.
BLUT BLUT BLUT BLUT BLUT BLUT BLUT
BLUT BLUT BLUT BLUT BLUT und gut.
(Iljur Bru)
Nach dem Verschwinden Iljur Brus wurde es beinahe hundert Jahre lang still um die Kornheimer Dichtung. Kein Dichter traute sich an die Öffentlichkeit aus Angst, mit der Vergangenheit konfrontiert und für sie verantwortlich gemacht zu werden. Etliche Dichter wanderten auch aus und verleugneten die Heimat. Schließlich erhob sich aus der Asche die Schule der "Trauer- und Sehnsuchtsversler", die dem Wüten Iljurs eine verständnisvolle und bußbereite Weltsicht entgegensetzte. Tim Thränenreich war ihr erster Vertreter. Hier einige seiner Werke:
am rauschenden bache
es klappert
-klipp klapp-
die mühle.
oh bist du noch wache ?
müller mein
lass sie klappern
-klipp klapp-
lass ihn rauschen
den bach,
lass uns lauschen,
bleib wach
und dring tief ein...
in meine seele,
dass ich deiner eingedenk
wahre liebe nie verfemmnemmbemmm
(Tim Thränenreich, wahrscheinlich aus seiner Jugendzeit)
korn wogend
vom feldrand
bis an den horizont
wiegt es
in sanfter brise sich
staubt und bestäubt
ein goldnebel steigt,
in dem
die sonne sich bricht.
der feldlerche sang
jubelt
am himmelsplan
macht mir
das herze weh.
oh heimat,
geliebte heimat,
ob ich sie jemals
wiederseh?
(Tim Thränenreich)
schluchz
schluchz
schluchz
poueeeeeeeeeeeeeeet
oh röslein mein,
klein und fein.
reich mir noch ein
taschentüchlein
ich danke dein.
schluchz
schluchz
schluchz
du schwein.
(Tim Thränenreich, geschrieben 88-jährig auf dem Sterbebett)
In den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte sich aus dem Überdruss über die tränenschwangeren Jammergedichte der „Sehnsuchtsversler“ der eiskalte „Kornheimer Realismus“. Klar wie Glas und kalt wie Stahl, aus echtem „Schrott und Korn“ eben, sollte er sein; Gefühle hatten darin keinen Platz. Die Dichter nannten sich „Eisenstängel“ oder „Schleifmühle“, sie traten nie unter ihrem „richtigen“ Namen auf. Diese sind daher auch bis heute nicht bekannt. Hier einige exemplarische experimentelle Mikrogedichte:
Schnirch schniiiiirch.
Schniiiiiirch rrrrtzpfh.
Ka-pling. Klinge plingt hammerhart.
Muskel schwillt.
Halm fällt.
Fällt. Fällt. Liegt. Im Feld.
So. Muss. Es. Sein.
Schleifen wir zusammen.
Mähen wir zusammen.
Bis. Zur.
Mittagspause.
(„Wetzstein“)
Her mit der Hacke.
Her mit dem Pflug.
Kies knirscht unterm Rad.
Schluck aus dem Krug.
Licht des Morgens
Erobert die Welt.
Grund genug
Ist braches Feld.
Denn während ich schlief
War ich nicht
Pro-duk-tiv.
(„Dreschflegel“)
Welches Ereignis die nächste Strömung, den „Dekadentilismus“ auslöste, ist nicht bekannt. Literaturwissenschaftler spekulieren noch, ob es eine verdorbene Fischkonserve oder ein verschleppter Schädelbasisbruch war, der in dem bereits 91-jährigen ehemaligen Mehlsieber Hinz Ohrwaschler eine geniale Schaffenswelle auslöste, die bis heute anhält. Die Begeisterung über seine völlig unverständlichen, aber inhärent genialen Gedichte ist jedenfalls ungebrochen. Hier einige seiner absoluten Meisterwerke, die die Literaten ganz Zamoniens in Ekstase versetzen:
Bum-di Bum-di Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di Bum-di Bum.
Bum-di Bum-di Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di Bum-di Bum.
Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di Bum-di Bum.
Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di
Bum-di Bum-di BUM-DI BUM.
(Hinz Ohrwaschler)
Nar Cornhim
Dez Yhsel mir gahet nar wesengracht
Son hilt by de maer
Urazig nell met winnige Dracht
Salipp daer.
Herzig noh andele dasinsgrond
Pulp arsaline fiction
Lazzt ons mednunder nah Cornhim gan
Met nettige Dron.
(Hinz Ohrwaschler)
In den letzten Monaten machte eine Gruppe Kornheimer Jungbauerndichter von sich reden, die sich selbst den „Kornheimer Kreis“ oder die „Vitamisten“ nennen. Ihre recht „bodenständigen“ ,oft auch derben und von krassen Stilwechseln geprägten Gemeinschaftsdichtungen fußen wohl teilweise im „Kornheimer Realismus“, geben diesem aber durch verschwenderisch eingesetzte Lyrik und Hinwendung zu Sinnesfreuden ein eigenes Gesicht. Wie es der Landwirt Botho von der Mystkybel so treffend formuliert: „Mir schaffe schwer, mir saufe schwer un mir poppe schwer. Un das soll jeder merke.“ Recht hat er.
Hier einige Beispiele für diese aufregende neue Dichterbewegung:
Muckefuck
Mit dem ersten Sonnenstrahl
Spring ich aus dat Bett.
Arbeit is heut meine Wahl,
Lieber fit wie fett.
Aber ers ruckzuck
Brauch ich Muckefuck.
Haare straff zurückgekämmt
Sitz ich an de Tisch.
Blaue Hose, Baumwollhemd,
fröhlich frei un frisch.
Aber erst en Schluck
Von dem Muckefuck.
Oooooh...
Du Kraftquell, niemals will ich von dir mehr lassen.
Wiiiie...
Du so korngesund schwappst in den Tassen.
Tääääg...
Lich will ich dich genüsslich wegschlürfen.
Daaas...
Ist mein Recht und ein Bauer wird das wohl noch dürfen.
Oheeee...
Jo mei, oheeee...
Dich allein bete ich an, Gott Zichorienkaffee.
Strammen Schritts gehts nu ins Feld
Wo dat Korn mich lockt:
„Komm und nimm mich, oh mein Held !“
Bis mein Atem stockt.
Doch vorher mein letztes „Gluck-gluck-gluck“
Gilt nur dir, mei treuer Muckefuck.
(Rudi Obstler / Hennes Hippeschwing)
Ode an den Brummer
Lästig schwirrst ums Ohr du mir,
Schwarzblau glänzend Krabbeltier.
Jetzt reißt die Geduld.
Batsch
Klatsch
Dass ich dich an der Wand verschmier,
daran hast du selber schuld.
Frech kriechst du ins Dekoltee
Von der Zenzi, meiner Fee.
Oh, das darf nicht sein.
Ratsch
Klatsch
Mit der blanken Faust, juchee
Hauts mir eine rein.
Oooooh...
Du Mistvieh, niemals will ich von dir mehr lassen.
Wiiiie...
Du so ekelhaft schwimmst in der Tassen.
Tääääg...
Lich will dich wohl hetzen und jagen.
Daaas...
Ist mein Recht und ein Bauersmann darf sich doch plagen.
Oheeee...
Jo mei, oheeee...
Dich allein bete ich an, Gott Schameißfliageee.
Und bis tief in die Nacht
Wird Jagd auf dich gemacht
Du summsendes Stück Dreck
Klatsch
Batsch
Wieder eine weg !
(Hinnerk Koslowski / Hennes Hippeschwing)
Jung & Dung
Hachschamachtend naseamboden dahinkriech
Immerdemgeruchvonschweissfolg
Dreckfress sichinfizier und dahinsiech
Rüdenhaft weiberanbagger dochohneerfolg.
Leileilei leilei lei lei lei,
Leileilei, lei lei lei lei.
Leileilei leilei lei lei lei
Leileilei, lei lei lei lei.
Sag mir, Geliebte, wann kommen wir wieder zusammen ?
Baden im Lichte des Mondes zur Mitte der Nacht ?
Kümmern uns wohl einen Scheißdreck um Beulen und Schrammen ?
Wälzen verknäult uns in rosengestrüppiger Pracht ?
Leileilei leilei lei lei lei,
Leileilei, lei lei lei lei.
Leileilei leilei lei lei lei
Leileilei, lei lei lei lei.
Hachschmachtend naseimwinde dahingleit
Überdenkornfeldern zierlichekreisezieh
Lockerbestäubenddiekräftigenhalme zurblühzeit
Findenerfüllung wohljemals ? Neinniemalsnie !
(Harg Eckl / Bühro „der Lausmichl“ Sudler / Ingelinde Bru)
Kornheimer Verseleyn
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- Registriert: Do 23. Mai 2019, 22:56
Re: Kornheimer Verseleyn
Ein absoluter Klassiker. In memoriam Osternick bei Germinator. Schön wars damals.